30 Tage - ja, und was nun?

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gisel Avatar

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Clementine ist eine erfolgreiche Künstlerin, demnächst sollen ihre Bilder in einer großen Galerie ausgestellt werden. Doch sie ist krank, manisch-depressiv, und sie gibt sich 30 Tage, um das eigene Ableben zu organisieren. Sie setzt ihre Medikamente ab, erlebt noch einmal die bedeutendsten Momente in ihrem Leben, macht sich auf die Suche nach ihrem Vater (der in ihrer Kindheit verschwand und nie wieder auftauchte). Sie räumt auf – ihre Wohnung, ihr Leben. Sie kauft eine Grabstätte und plant ihren Tod. - Mit Clementine macht sich der Leser auf ihre traurigen Vorbereitungen. Dabei lässt er sich mitreißen von ihrem trockenen Humor, der manches erträglich macht.
Herrje, wer hat nur den Klappentext geschrieben? „Ein Monat voller Neuanfänge“ – wie soll das denn gehen, wenn Clementine ihren Suizid vorbereitet? Manches ergibt sich dann als Neuanfang, manches Mal hinterlässt sie ganz viel „verbrannte Erde“ – aber Clementine lässt sich von ihrer Richtung nicht ablenken. Während sie Ordnung in ihr Leben bringt, bleibt ihre emotionale Seite allerdings seltsam unberücksichtigt. So ist für mich ihre Entscheidung nicht wirklich nachvollziehbar, trotz all ihrer Erlebnisse. Doch das Buch ist sehr witzig und mit so viel Lebenslust erzählt, dass man sie gerne weiter begleitet. Die schwarzen Löcher, die dabei auftauchen, sind viel zu unscheinbar, um ihre Krankheit tatsächlich greifbar werden zu lassen, und nehmen viel zu wenig Raum ein.
Und dann soll Clementine, nach ca. 360 Seiten in eine Richtung, die sie unbeirrbar voranschreitet, im allerletzten Moment eine Wendung um 180° hinlegen? Nun habe ich mich bemüht, Clementine in ihrem Entschluss ernst zu nehmen, obwohl ich sie nicht wirklich verstehen kann, da erwartet die Autorin tatsächlich von mir, dass ich diesen Schluss nachvollziehen kann? An dem Punkt der Geschichte konnte ich nur noch fassungslos weiterlesen, die Geschichte war mir völlig entglitten.
Nun stehe ich da, blicke auf das Buch und weiß nicht so recht, was ich damit anfangen soll. Diese Lektüre hinterlässt mich seltsam ratlos…