30 Tage und ein ganzes Leben

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lunamonique Avatar

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Lässt sich der eigene Tod planen? In ihrem Debütroman „30 Tage und ein ganzes Leben“ befasst sich Ashley Ream auf ungewöhnliche und berührende Weise mit dem Thema „Selbstmord“.

Künstlerin Clementine Pritchard gibt sich dreißig Tage, um die wichtigen Dinge zu erledigen und kein Chaos zu hinterlassen. Perserkater Chuckles ahnt, dass irgendetwas nicht stimmt. Frauchen benimmt sich neuerdings einfach zu seltsam. Clementine kündigt ihrem Psychiater Miles und ihrer Assistentin Jenny. Für Chuckles ist sie auf der Suche nach einem neuen Zuhause, aber das eigenwillige Tier macht ihr immer wieder einen Strich durch die Rechnung. Und dann kopiert Konkurrentin Elaine Sacks auch noch Clementines Bilder und ergattert dafür eine Ausstellung. Das Fass läuft über, und das nicht nur einmal. Lohnt es sich doch zu leben?

Clementine tut nur die Dinge, die sie wirklich will, z.B. das Teeservice aus dem Fenster werfen. Die eigenwillige Hauptfigur mit ihren unberechenbaren Aktionen wirkt von Anfang an sympathisch. Sie lässt sich keine Vorschriften machen, zeigt sich stur und arbeitet auf ihr Ziel hin. Was ist der Grund für den bevorstehenden Selbstmord? Nur langsam erfährt der Leser, was Clementines Motive sind. Ein Schicksalsschlag hat alles verändert. Clementine kämpft in regelmäßigen Abständen mit einem schwarzen Monster, dass sie nicht aus ihren Fängen lässt. Klug, kreativ, erfolgreich, ist es wirklich so einfach für die Hauptfigur, alles wegzuwerfen? Eigentlich hängt Clementine am Leben. Sie muss das erst noch spüren. Die Kapitelüberschriften mit den ablaufenden Tagen sorgen für Beklemmung und machen deutlich, wie ernst die Absichten der Hauptfigur sind. Das bleischwere Thema wird vom Humor entschärft, der z.B. durch den widerspenstigen Chuckles aufkommt. Clementine liebt ihren Kater heiß und innig. Es bricht ihr das Herz, in wegzugeben. Andererseits ist ihr ein liebevolles Zuhause für ihn wichtig. Wo soll er bleiben, wenn sie nicht mehr da ist? Ein bisschen langatmig wird die Geschichte im Mittelteil. Das Tempo verlangsamt sich. Es gibt keine richtige Spannung. Die Zwistigkeiten mit Konkurrentin Elaine und Galeristin Carla sind ausgereizt. Exmann Richard erweist sich als zuverlässiger Rettungsanker. Kann er ihre Pläne durchkreuzen? Clementines Suche nach ihrem Vater bringt ein überraschendes Geheimnis zu Tage. Je weniger Zeit bleibt, desto mehr stellt sich die Frage, ob ein Happy End, in welche Richtung auch immer, möglich ist. Seit Clementine die Medikamente weglässt, wird Essen wieder zu einem Genuss. Sie hat Freunde, die sich um sie sorgen. Längst zur zweiten Hauptfigur hat sich Perserkater Chuckles entwickelt. Kann Clementine ihn wirklich hergeben? Ein paar Szenen rühren zu Tränen. Das Ende ist, obwohl es so stehen bleiben kann, zu kurz geraten. Ein paar mehr Details oder ein Epilog hätten bei der aufwühlenden Geschichte mehr zufrieden gestellt.

Clementine und Chuckles stehen am Abgrund. Der rätselhafte Titel ist effektvoll zwischen den Felsvorsprüngen platziert. Die ungewöhnliche Gestaltung passt sehr gut zum Inhalt. „30 Tage und ein ganzes Leben“ entwickelt von den ersten Zeilen an eine besondere Intensität. Clementine gewährt einen tiefen Einblick in ihr emotionales Chaos. Ein sehr gelungenes Debüt mit nur klitzekleinen Schwächen. Die Botschaft: Bewusster leben, jeden Moment, Tag für Tag. Am Ende des Buches gibt es ein paar hilfreiche 30 Tage-Tipps.