Atmosphärisch, aber etwas zu konstruiert

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die_wortbewunderin Avatar

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Wenn man einen spannungsgeladenen Action-Thriller erwartet, wird man enttäuscht werden. Die Geschichte baut sich recht langsam auf, es werden viele verschiedene Figuren eingeführt, was sich am Ende aber auf ein Duell zwischen zwei Personen zuspitzt. Die Stärke liegt eher im Atmosphärischen.

Ich mochte Becker, den männlichen Protagonisten, der sich mit seiner Liebe zur Kunst und Fachkenntnis über Vanessa Chapman hochgearbeitet hat, sehr gerne. Auch wenn er seinem besten Kumpel (und Chef) die Frau ausgespannt hat und jetzt ein Kind mit ihr erwartet – er ist der Sympathieträger in der Geschichte. Grace, eine als hässlich, plump und perfide beschriebene ältere Ärztin, ist seine Gegenspielerin. Sie hat einiges auf dem Kerbholz und verbirgt jede Menge Geheimnisse.

Das Setting, die Szenenbeschreibungen und die vielschichtigen Figuren haben mir gefallen, aber manches wirkte mir doch etwas zu konstruiert: Eine Halbinsel, die durch die Gezeiten vom Festland abgeschnitten wird. Ein Angestellter aus einfachen Verhältnissen, der für eine Kunst-Agentur arbeitet, auf deren herrschaftlichem Anwesen wohnt und dem Chef die Verlobte abspenstig macht. Eine einsame Ärztin, die sich jahrelang aufopferungsvoll um eine exzentrische Künstlerin kümmert ...

Das Ende kommt zu abrupt. Mir hätte es besser gefallen, wenn die Dreiecksbeziehung zwischen Becker, Helena und Sebastian noch ein bisschen mehr Raum bekommen hätte. Im Gegensatz zu vielen anderen Leser*innen mochte ich die Briefe und Tagbucheinträge von Vanessa Chapman überhaupt nicht. Grundsätzlich ist die Idee mit den Mixed Media aber cool (spiegelt den Stil der Künstlerin).

Fazit: Ganz ok, hat durchaus seinen Reiz, aber nicht so gut wie „The Girl on the Train“.