Ab heute heiße ich Margo

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raschke64 Avatar

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1936 in Stendal. Margarete lebt mit ihrer Schwester bei den Eltern, der Vater arbeitet und ist auch ein ziemlicher Familientyrann. Die Mutter Hausfrau. Margarete will eine Ausbildung im Büro in einem Fotogeschäft machen und setzt das letztendlich auch durch. Sie schneidet sich die Haare kurz und versucht, selbständiger zu leben und will Margo genannt werden. Im Fotogeschäft lernt sie Helene kennen. Diese ist Fotografien und war im Spanien-Krieg. Beide verlieben sich in Alard. Das beendet ihre freundschaftliche Beziehung für lange Zeit. Helene kommt ins KZ und dort ins Bordell, Margo heiratet den Bruder einer Mitschülerin und geht während des Krieges nach Schlesien. Dort trifft sie Alard wieder und bekommt ein Kind von ihm. Sie erlebt nach dem Krieg Vertreibung, Vergewaltigung, trifft Helene wieder und verliert ihre Tochter. Doch damit ist die Geschichte nicht zu Ende, denn die Wege von Margo und Helene kreuzen sich immer wieder …
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es ist in 3 Teile gegliedert: 1936 bis Kriegsende, dann nach dem Krieg bis zur Wende und die Jahre nach der Wende. Wechselseitig erzählen Margo und Helene ihre Erlebnisse, später dann die Töchter und Enkeltöchter. Dadurch hat man einen jeweils anderen Blick auf das Geschehen. Margo geht in den Westen, Helene bleibt in der DDR. Beide Figuren sind nicht nur schwarz-weiß, beide Teile Deutschlands werden ebenfalls differenziert beschrieben. Das ist für meine Begriffe ein absoluter Vorteil dieses Buches. Margo ist anfangs sehr naiv, von den Nazis überzeugt und bekommt vieles nicht mit. Nach dem Krieg entwickelt sie sich eher in Richtung Karrierefrau, die auch wenig Rücksicht nimmt. Helene dagegen arbeitet für die Stasi und behält sich trotzdem ihre Zweifel. Beide Frauen sind nicht durchweg sympathisch, aber trotzdem hat man Verständnis für viele ihrer Entscheidungen.
Dazu kommt noch, dass das Buch von Stil her sehr gut lesbar ist. Je nach Alter hat man viele eigene Erinnerungen an die Zeit und erkennt sich auch wieder.
Unabhängig davon ist es außerdem noch eine großartige Familien- und Zeitgeschichte.
Ich kann das Buch nur uneingeschränkt empfehlen.