Breen, Beatles, Biafra

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mammutkeks Avatar

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1968, die Hysterie um die Beatles in London ist auf ihrem ersten Höhepunkt. Die Studios in der Abbey Road werden von den meist weiblichen Fans belagert, genau wie die Häuser von John, Ringo, George und Paul.
Auch politische Kontroversen prägen die Zeit der späten 1960er: Der Krieg in Vietnam, die Probleme, die England mit den ehemaligen Kolonien hat, z.B. in Biafra, wo sich die Volksgruppe der Ibo von Nigeria unabhängig erklärt hat, die Debatte um die Gleichstellung von Frauen in allen Lebensbereichen.
Vor diesem Hintergrund spielt auch der Krimi "Abbey Road Murder Song" von William Shaw. Eine junge Frau wird ermordet aufgefunden, nackt abgelegt in einen Müllhaufen in der Nähe der Abbey Road. Mit den Ermittlungen wird Cathal Breen beauftragt, ein irischer Polizist, den alle nur Paddy nennen. Paddy hat einen schweren Stand in der Mordkommission, da er seine Prinzipien vertritt - auch bei den korrupten Kollegen, ohne diese zu verraten. So gerät er selbst in ein falsches Licht, als er vermeintlich einen Kollegen allein lässt, während dieser in eine Messerstecherei gerät.
Zur Seite steht Breen die junge Helen Tozer, die erste Frau in der Mordkommission, die nicht nur bei den etablierten männlichen Kollegen einen schweren Stand hat, sondern auch bei der einzigen Frau im Team, Marilyn, der Sekretärin, die Tozer mobbt.
Vor dem Hintergrund des Swinging London ermittelt Breen auf seine ganz eigene Art, obwohl er beispielsweise durch seine verletzte Schulter gehandicapt ist. So kommt es dazu, dass Tozer fahren muss, obgleich dies Frauen im Dienst nicht erlaubt ist.

Insgesamt ein ganz interessanter Ansatz, mit vielfältigen kulturhistorischen und politischen Anklängen, die das London der 1960er charakterisieren. Das Personal ist vielfältig, meist gut getroffen, aber in vielen Fällen doch unlogisch dargestellt. Das Cover des Buches passt sich gut in die Zeit, macht sicherlich Lust darauf, diesen Krimi zu lesen.
Sprachlich bin ich nicht immer begeistert von "Abbey Road Murder Song". Gut ist, dass beispielsweise die Songtexte nicht zwanghaft übersetzt werden - so viel Englischkenntnisse können wohl vorausgesetzt werden! Dass der englische duffel coat nicht zum deutschen Dufflecoat wird, war für mich so störend, dass es hängengeblieben ist.
Inhaltlich ist allerdings ein gewisser Mangel an Spannung zu bemängeln. Die Ermittlungen sind zäh, auch, weil zwischen den Beamten und den Zeugen nicht richtig kommuniziert wird. Außerdem verzettelt sich William Shaw in einigen unbedeutenden Nebenhandlungen, die dann noch nicht einmal zu Ende gebracht werden.
Trotz der Kritik bleibt ein außergewöhnliches Leseabenteuer, bei dem ich davon ausgehe, dass alle an den 1960ern Interessierte auch noch Neues erfahren. Als Auftakt einer Serie ist "Abbey Road Murder Song" zudem gut geeignet.