Heiße Story, cool geschrieben

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philipp.elph Avatar

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Michael Tsokos lässt Leser und Leserinnen dieses Thrillers über die Schulter des Rechtsmediziners Dr. Paul Herzfeld schauen und erklärt in Abgefackelt etliches aus dessen Aufgabengebiet. Dem Doktor wird nach den kürzlichen Ereignissen – in Abgeschlagen beschrieben – an einer Klinik in der schleswig-holsteinisches Provinz eine zeitlich begrenzte Vertretung als Pathologe angeboten. Herzbergs Chef und Leiter des Rechtsmedizinischen Instituts in Kiel hat die Sache arrangiert, damit sein angesehener Mitarbeiter die dramatischen Ereignisse verarbeiten kann, bei dem das Leben seiner Verlobten in Gefahr war. Das erscheint nötig, denn Herzfeld war danach während einer Obduktion zusammengebrochen, weil die Todesart mit der der Person, die er unter sonderbaren Umständen beim Fall zuvor erkannt hatte.

In der Provinz, konkret Itzehoe, erfährt er, dass sein Vorgänger im Archivgebäude des Krankenhauses mit sämtlichen Krankenakten und Gewebeproben der Patienten verbrannt ist. Suizid wird als Grund genannt. Doch es sind erhebliche Diskrepanzen, auf die der Kieler Rechtsmediziner stößt, sowie auf großes Schweigen der Personen, die Näheres über das Feuer und den toten Pathologen wissen müssten.

Zudem lernt Herzberg, dass ein lokaler Klüngel, zu dem auch der Chef des Itzehoer Klinikums gehört, unter der Führung eines Unternehmers – man kann ihn „Pate“ nennen – die Szene beherrscht. Nach zunächst ergebnislosen Rechercheversuchen kommt der Vetretungs-Pathologe auf eine Spur, die zu einem großen Skandal führen würde. Wenn sie denn aufgedeckt würde. Denn der Pate setzt alle Hebel in Bewegung, dass Herzfeld seine Erkenntnisse nicht preisgeben kann, scheut dabei keine Mittel – und hat auch bereits hinreichend Erfahrung darin, wie er derartige Vorgänge vermeiden kann.

Der Ablauf der Story ist schon frühzeitig zu erkennen und abzusehen, dass Herzfeld wieder in höchste Gefahr gerät. Tsokos legt keine falschen Fährten, die die Leser*innen verwirren könnten und die Handlung, trotz der Vorhersehbarkeit spannend, ist auch nur ein dieses Thrillers. Es ist besonders die Vorgehensweise des Protagonisten in Pathologie und Rechtsmedizin sowie dessen strukturiertes Arbeit in seinem Beruf, dessen Freud und Leid.

Michael Tsokos ermöglicht diese Einblicke, die Erfahrungen mit Bodypackern und erklärt – neben anderen fachspezifischen Begriffen -, wohin die Fehldiagnose bei einem Buddenbrook-Syndrom führen kann. Zum Tod!

(Und so werde ich bei der nächsten Untersuchung meinen Zahnarzt fragen, ob er dieses Syndrom kennt. Auf jeden Fall bevor ich mir von ihm einen Zahn aus der linken Seite meines Unterkiefers ziehen lasse.)

In einem Nachwort und einer Danksagung schreibt Michael Tsokos die Bezüge dieses Thrillers zu wahren Fällen sowie über den Input des Mitautors Alex Pohl zu Themen wie Mobilfunktechnologie und Elektrostrahlung.

Das Zusammenspiel von True-Crime-Elementen mit der Story fiktivem Krimigeschehens machen auch diesen zweiten Paul-Herzfeld-Band zu einem äußerst lesenswerten Thriller.