Leider mit einigen Längen und unlogischer Auflösung

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jazebel Avatar

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Wir haben hier ein Buch, bei dem es verdammt schwer ist, spoilerfrei eine Rezenion zu verfassen. Aber ich werde mir Mühe geben!

Der Gerichtsmediziner Paul Herzfeld hat nach den Geschehnissen aus Band 1 wirklich etwas Ruhe nötig. Sein Vorgesetzter versetzt ihn deshalb von Kiel ins ländlichere Itzehoe, wo er als Pathologe vorübergehend den kürzlich verstorbenen Dr. Petersen ersetzen soll. Doch schon kurz nach seiner Ankunft bemerkt Herzfeld, dass die Idylle im vereintlich ruhigeren Itzehoe absolut trügerisch ist.

Dieses Buch ist der Nachfolgeband zum Paul-Herzfeld-Serienauftakt 'Abgeschlagen'. Hier gleich mal die wichtigste Warnung vorweg: wer Band 1 noch nicht gelesen hat und nicht massiv gespoilert werden möchte, muss bitte zuerst 'Abgeschlagen' lesen. Ich selbst habe den ersten Band zwar auch noch ncht gelesen, aber leider durch die Erläuterungen in Band 2 eine sehr genaue Vorstellung was passiert ist und wer es getan hat.

Was mir gut gefallen hat an dieser Geschichte, sind Tsokos genaue Beschreibung von Befunden. Wer die medizinische Fachsprache beherrscht, findet sich da bestens zurecht, wer in 'Ärztesprache' nicht so firm ist, aber trotzdem genau verstehen will (fast inchts davon ist aber wirklich plotrelevant) dem hilft Google. Es ist aber auch dabei zu bedenken, dass Bilder von z.B. Adipocire evtl. nicht für jedes Auge schön anzusehen sind. Tsokos ist vom Fach, das merkt man. Während manche Autoren anfangen Unsinn zu schreiben, wenn es medizinisch wird, habe ich hier fachlich nichts Falsches entdecken können, bis auf die Auflösung des Plots, aber dazu komme ich später.

Eine Sache die für mich den massivsten Makel an diesem Buch ausgemacht hat, war die extreme Länge. Es passiert wenig bis nix im mittleren Drittel des Buches. Herzfeld ermittelt halt ein wenig rum, spielt Forensic Superman und erklärt der Kripo ihren Job, aber die Story tritt auf der Stelle. Das war leider arg anstrengend zum Lesen.

Ein weiterer Minuspunkt war die Auflösung des Falls. Wo Tsokos vorher medizinisch beanstandungsfrei unterwegs war, driftet er hier ins Land der Aluhüte und Verschwörungstheorien ab. Das missfällt mir deshalb stark, weil es für Laien einfacht nicht differenzbar ist, was Fakt ist und was Fiktion ist. Auch wenn das ein Roman ist, aber er wird ja schließlich im Klappentext als 'Rechtsmediziner schreibt über die Rechtsmedizin' vermarktet. Das wird wahrscheinlich dazu führen, dass einige Leser sich denken 'na wenn der Tsokos von der Charité das schreibt, wird's wohl stimmen'. Tut es aber nicht. Daher halte ich die Auflösung des Falls in Zeiten von Fake News für abstrus, dumm und gefährlich, auch die Chance das Ganze nochmal faktisch einzuordnen, z.B. in der Danksagung, wurde nicht genutzt. Hier wäre sicher noch Platz gewesen, kurz auf die aktuelle Forschungslage einzugehen.

Mein Fazit: schriftstellerisch schwach, medizinisch unseriös, bei mir duchgefallen!