Lebens(t)räume

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Wanda lebt mit ihrer 5-jährigen Tochter Karlie in einer tristen Berliner Platte und träumt weit oben im achtzehnten Stock von einem besser Leben, rauszukommen und sich ihren Traum von der Schauspielkarriere zu erfüllen. Als die einmalige Chance einer großen Rolle kommt, merkt Wanda schnell, wie schwer es als alleinerziehende Mutter ist, Kind und Karriere unter einen Hut zu bringen und das triste Dasein hinter sich zu lassen, das einen seit Jahren prägt.

Sara Gmuer schafft es Wandas Lebenshunger, der Hoffnung auf Besserung, eine bessere Zukunft, diesem Drang nach mehr eine starke und ungeschönte Stimme zu geben, obwohl man doch spürt, wie resigniert und verloren sie sich oft in ihrem Leben fühlt, in das sie einfach nicht hinein zupassen scheint. Alle anderen in der Platte scheinen sich mit ihren begrenzten Möglichkeiten und der sozialen Ungerechtigkeit abgefunden zu haben, aber sie brennt und glaubt unbeirrbar daran, dass es für sie mehr geben wird. Das wird auch durch die kurzen, rauen und harten Sätze deutlich, die den Roman dominieren.

Trotz der starken Auseinandersetzung mit dem Aufeinanderprallen von so unterschiedlichen Welten und dem schnell erkenntlichen Appell, dass das Gras auf der Seite der Schönen und Reichen auch nicht grüner ist, hatte ich doch meine Probleme mit dem Charakter von Wanda. Oft vermittelten ihre Ausdrücke und ihr Verhalten gegenüber ihren Freundinnen eine Überlegenheit und Arroganz, die ich als wenig gerechtfertigt sehe. Sollte man andere Menschen wirklich verurteilen, weil sie sich mit ihrem Leben arrangieren und trotz der Benachteiligungen versuchen das Beste daraus zu machen? Nur weil sie nicht so hoch streben wie man selbst? Sollte man jede Kritik gedanklich mit: „Scheiß auf die, die können ich mal“ quittieren, statt zu sich zu hinterfragen? Während man selbst als Mutter die 5-jährige Tochter alleine zu Hause lässt und feiern geht um an eine Rolle zu kommen?

Natürlich verstehe ich die überspitzen Charaktere auch als eine Ausdrucksform des Romans, besonders was das harte Leben in Armut aus einem Menschen machen kann, aber für mich hat es leider die Sympathie zerstört und mich oft den Kopf schütteln lassen.