Schonungslos & direkt

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Achtzehnter Stock zeichnet ein schonungsloses Bild des Lebens in der Berliner Platte. Mittendrin ist Wanda, die nicht von ihrem Traum, erfolgreiche Schauspielerin zu werden, ablässt, ihre kleine Tochter Karlie und einige andere Bewohnerinnen des Hauses, die in ebenso prekären Verhältnissen leben. Als der große Traum zum Greifen nah scheint, wird Karlie krank und Wanda muss den Spagat zwischen Erfüllung ihres Lebenstraums und der Verantwortung gegenüber ihrer Tochter schaffen.

„Glück lässt sich von Pisse im Treppenhaus nicht abschrecken, Glück findet von Zeit zu Zeit sogar in den achtzehnten Stock.“

Als Wanda dann, dank ihrer Filmrolle, Einblicke in die Welt der „Schönen und Reichen“ erhält, lässt sie aber auch an diesen Personen kein gutes Haar und sie steht erneut zwischen den Welten und weiß nicht, wo sie eigentlich hinwill.

Wanda ist im Roman definitiv keine Sympathieträgerin; man erkennt schnell, dass sie sich eigentlich für zu gut für die Platte hält und sie blickt auf ihre Nachbar:innen herab, obwohl diese Frauen die einzigen Personen sind, die ihr wohlgesonnen sind und sie auch mit ihrer Tochter unterstützen. Die Nachbarinnen kommen teilweise ebenfalls nicht gut weg und wurden auch sehr klischeehaft konstruiert. Es sind die ungebildeten mit Migrationshintergrund, alleinerziehende Mütter, Arbeitslose und nicht zu vergessen der N*zi mit Deutschlandfahne, der ein paar Stockwerke unter Wanda wohnt. Ob das eine authentische Abbildung des Lebens im Plattenbau ist, entzieht sich meiner eigenen Erfahrung, aber gefühlt jagt ein Klischee das nächste.

„Der Lift ist entweder defekt oder voller Sperrmüll. Die Leute stellen alte Röhrenfernseher und durchgebumste Matratzen rein, zu verschenken, und hoffen, dass irgendjemand den Müll aus dem Fahrstuhl in die Wohnung zieht.“

Ich stehe dem Roman mit gemischten Gefühlen gegenüber. Der Plot hat mich nicht vollends eingesogen, ich mochte den Schreibstil der Autorin aber wahnsinnig gerne. Einzig was mich etwas gestört hat, aber das ist vermutlich dem Entstehungszeitraum des Romans geschuldet: Die Pandemie war mir in diesem Buch wirklich einfach zu präsent. Abgesehen davon bewundere ich den prägnanten, schonungslosen und direkten Schreibstil der Autorin sehr und ich bin gespannt auf zukünftige Werke von Sara Gmuer!