Toll

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skmn10 Avatar

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Adlergestell ist eines dieser Bücher, das man zuschlägt – und sofort wieder aufschlägt, weil man noch nicht loslassen will. Laura Laabs gelingt es, eine scheinbar kleine Geschichte aus dem Berliner Stadtrandmilieu zu erzählen, die sich in Wahrheit als vielschichtiger Gesellschaftsroman entpuppt.

Mit klarem Blick und feinem Humor zeichnet sie das Leben von drei Mädchen nach, die zwischen Nachwende-Euphorie und den Härten des Kapitalismus erwachsen werden. Die Figuren wirken so echt, dass man fast glaubt, selbst mit ihnen in der Eigenheimgasse aufgewachsen zu sein. Besonders beeindruckend ist, wie Laabs den individuellen Werdegängen von Lenka, Chaline und der Erzählerin nachspürt, ohne sie je zu bewerten – stattdessen webt sie ein sensibles, ehrliches Porträt einer Generation, die zwischen Aufbruch und Ernüchterung pendelt.

Der Unfall auf dem titelgebenden Adlergestell ist erzählerischer Wendepunkt und Metapher zugleich: für den Bruch in Beziehungen, für den Verlust der Unbeschwertheit, für die Frage, wie viel Kontrolle wir tatsächlich über unser Leben haben. Dabei changiert die Sprache zwischen poetisch und lakonisch, und Laabs’ präzise Beobachtungen zu sozialen Milieus, familiären Prägungen und politischem Klima sind so treffsicher wie liebevoll.

Adlergestell ist kein nostalgischer Rückblick, sondern eine scharf konturierte Zeitaufnahme, die vom Berliner Stadtrand aus große Themen verhandelt: Freundschaft, Identität, gesellschaftliche Umbrüche. Ein kluges, berührendes und wunderbar geschriebenes Buch, das lange nachhallt.