Vergangenheit und Gegenwart

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Kurz nach der Wiedervereinigung wird die Erzählerin eingeschult und nicht neben hre Freundin Lenka, sondern neben Charline gesetzt, was das Duo automatisch zu einem Trio macht. Zwischen Aufbruch, Hausaufgaben und Autobahndröhnen des nahen Adlergestells reizen sie die Grenzen der Freiheit aus.
„Adlergestell“ von Laura Laabs inhaltlich zusammenzufassen ist schwer. Es geht um die Vergangenheit, die nahe, aber auch ferne, und es geht um die Gegenwart; vor allem geht es um die vielen verschiedenen Leben, die sich in einer Reihenhaussiedlung bündeln. Es geht ums Kämpfen, ums Rebellieren, und um Freiheit.
Dabei folgen wir nicht nur dem Mädchentrio, sondern auch der erwachsenen Erzählerin. Außerdem kommen ausgewählte Bewohnerinnen der Siedlung zu Wort, unterbrochen von nostalgischer Fernsehwerbung. Das alles schafft eine ganz eigentümliche Stimmung, auf die man sich einlassen muss, was ich sehr gern getan habe. Und da ist eine Ahnung, dass da noch was kommen wird.
Laura Laabs verpasst nicht nur der Erzählerin ihre Eigenarten, auch Lenka und Charline stehen im Mittelpunkt, sowie die Dynamik der Freundinnen, die immer verehrende Ausmaße annimmt. Mit den anderen Figuren, die auch wenn sie nur kurz durchs Bild huschen, genug Fleisch bekommen, um im Gedächtnis zu bleiben, bindet sich ein bunter Strauß an besonderen Charakteren.
Verpackt ist es in eine grandiose Sprache, in Wortkombinationen, die mich aufhorchen ließen; Beobachtungen, die mich in meine Kindheit zurückversetzt haben. Man merkt, dass Laura Laabs vom Film kommt. Sie setzt optische Akzente und weiß, wie sie die Leserschaft bei Laune hält. Manchmal sah ich nur mit halbem Auge hin, wollte eigentlich nicht wissen, was für ein Abgrund sich da wieder im Bürgerlichen auftut. Sie beschönigt nichts, reißt aus der realen Welt, was sie zu packen bekommt und stopft es in den Roman, was es unglaublich authentisch macht und die Gegenwartsszenen an den Puls der Zeit setzt.
Ein Fundstück, dass unbedingt mehr Aufmerksamkeit bekommen sollte.