Klufti goes Social Media - solider Klufti mit altbekannten skurrilen Figuren und fulminantem Finale

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gluexklaus Avatar

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Priml! Kommissar Kluftinger hat bei der aktuell herrschenden Hitze eigentlich schon genug zu tun mit Schwitzen. Aber leider halten die hohen Temperaturen die Kriminellen nicht vom Verbrechen ab. Professor Brunner, der für die Ausgrabungen des Urzeitaffen Udos im Allgäu-Ort Pforzen verantwortlich ist, wird ermordet unter einem Bagger aufgefunden. Klufti soll den prekären Fall aufklären und stößt dabei u.a. auf einen Konkurrenten des Professors und eine dubiose, sektenähnliche Gemeinschaft, die in der Nähe der Ausgrabungsstätte lebt. Auch privat geht es turbulent zu: Klufti goes Facebook, er wird von seinem Lieblingsfeind in die Kunst des Drohnenfliegens eingeweiht, observiert die neue Nanny seines Enkelkinds und versucht sich als Händler.

Das Autorenduo Volker Klüpfl und Michael Kobr schreibt im gewohnt amüsanten Kluftinger-Stil. Jede Figur drückt sich auf ihre eigene Art aus, bekommt von den Verfassern eine individuelle Sprache verliehen, Klufti selbst gerät beispielsweise beim Reden manchmal ins Stocken, nennt seine Gesprächspartner schon mal „Herr Dings“ und spricht in Halbsätzen, Dr. Langhammers Ausdrucksweise wirkt etwas gekünstelt und überkandidelt, der ehemaliger Polizeipräsident Lodenbacher spricht tiefstes Niederbayrisch.
Das Cover reiht sich nahtlos in die Titelbilder der Vorgänger ein, das Buch ist sofort als neuer Kluftinger zu erkennen.

Kluftinger ist ein ganz spezieller Charakter, er hat mindestens zwei Gesichter. Wenn es um das Lösen seiner Fälle geht, zeigt er sich scharfsinnig, beobachtet und kombiniert genau und beweist viel Intuition und Gespür für Menschen und ihre Verbrechen. Im privaten Leben lässt er dieses Gespür häufig vermissen, kommt oft ziemlich tollpatschig, unbeholfen und plump daher. Dass er sich immer wieder in peinliche, absurde Situationen hineinmanövriert, macht den Kommissar aus. Zwei Figuren bringen ihn immer wieder an seine Grenzen, der eitle Dr. Langhammer, mit dem es oft zu amüsanten Wortduellen kommt und Richard Maier, der Technikfreak, der Klufti mit seiner überkorrekten, gründlichen und penetranten Art und seiner recht speziellen Redseligkeit oft gehörig auf die Nerven fällt. Langhammer und Maier gehören zu Kluftinger-Krimis genauso dazu wie der Kommissar selbst.
Diesmal bekommt es Klufti zudem mit einer besonderen Ältesten und einer Kinderfrau mit festen pädagogischen Überzeugungen zu tun.

Dass neben dem eigentlichen Fall viel Drumherum passiert, ist typisch für die Reihe. Nicht nur der Mord am Paläontologie-Professor Brunner beschäftigt Kluftinger, er hat dazu noch einige private Herausforderungen zu meistern. Mit Kluftinger ist eine Pizzabestellung genauso ein Abenteuer, wie ein Flohmarktbesuch oder ein scheinbar profanes Mitagessen. Und dann versucht Klufti noch mit der Zeit zu gehen und über soziale Medien zu kommunizieren. Die Handlung plätschert daher zunächst dahin, das aber zugegebenermaßen schon sehr unterhaltsam. Erst gegen Ende entwickelt sich der Fall richtig rasant und spannend. Wie immer sind manche Kluftimoment einzigartig komisch, beispielsweise wenn sich der Kommissar mit Dr. Langhammer ein Verkaufsduell auf dem Flohmarkt liefert. Manche Szenen sind meiner Meinung nach aber auch etwas „drüber“, zu sehr Fremdschämen und übertriebener Klamauk. Kluftis Reise in die Welt von Social Media hat Klufti für mich beispielsweise viel dümmer dastehen lassen, als er ist. Hier wurde es mir persönlich etwas zu albern. Aber zweifelsohne: Klufti kanns immer noch. Für mich nicht der allerbeste, aber auch bei weitem nicht der schwächste Band der insgesamt sehr lesenswerten Reihe: ein solider Klufti, der alles bietet was ein echter Klufti halt so braucht, einen nachvollziehbaren Kriminalfall, die gewohnten skurrilen Figuren und viel Witz. Unterm Strich: Daumen hoch für den Kult-Kommissar.