Blick hinter die Fassade - kühl und explizit

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kindder80er Avatar

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Leila Slimani hat mich mit "Dann schlaf auch du" nachhaltig beeindruckt. Mit dem hier vorliegenden Werk setzt sie ihre unterkühlte Art, Menschen im Ausnahmezustand zu beschreiben, fort. Allerdings ist "All das zu verlieren" bereits 2014 erschienen.

Die Protagonistin Adele hat scheinbar alles. Jeder würde sie um ihr Leben beneiden - nur sie selbst nicht. Sie ist zerrissen und hat anonymen Sex mit fremden Männern. So egoistisch wie sie sich verhält, worunter vor allem der kleine Sohn leiden muss, ist dem Leser Adele nicht gerade sympathisch. So bleibt man auch merkwürdig distanziert ihr gegenüber. Man leidet nicht mit ihr mit, sondern man schaut ihr lediglich dabei zu.

Die Sexszenen sind wirklich hart und explizit beschrieben. Erotik kommt da nicht auf und genau das will Adele ja auch nicht bezwecken. Bei ihrer Sexsucht kommt es schließlich nicht auf die Schönheit des Aktes an, sondern einzig und allein auf den stumpfen Konsum - so wie es bei anderen Süchten eben auch meistens ist.

Das Doppelleben fliegt irgendwann auf und Adele muss sich ändern, aber kann und will sie das auch...?

Mir hat das Buch gerade wegen seiner Distanziertheit gut gefallen. Es ist allerdings nichts für allzu Zartbesaitete!