Ein leeres Leben

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hurmelchen Avatar

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Leila Slimani, der gefeierte Literaturstar der Franzosen, hat den Roman "All das zu verlieren" vor ihrem großen Erfolg "Dann schlaf auch du" verfasst.
Es ist symptomatisch für Verlage, wenn noch kein neues Buch eines erfolgreichen Autors vorliegt, in der Mottenkiste zu suchen.
Ohne den Erfolg des Prix Goncourt- gekrönten "Dann schlaf auch du", hätte man den früheren Roman vielleicht nie ins Deutsche übersetzt.
Wäre dem Leser etwas entgangen!
Ich beantworte diese Frage mit "Nein"!

Die junge Journalistin Adele hat augenscheinlich alles, was man sich als Frau wünschen kann, einen fürsorglichen, erfolgreichen Ehemann, einen kleinen Sohn, ein sorgenfreies Leben in Paris, und doch kann Adele nicht zufrieden oder gar glücklich sein, und sucht Befriedigung bei schnellem, hartem, demütigenden Sex mit wechselnden, teils unbekannten Männern.
Natürlich stellt sich da die Frage des Warum, aber diese Frage wird von der Autorin nie richtig beantwortet. Der Leser erfährt zwar, dass Adele eine schreckliche Mutter, einen desinteressierten Vater und einige traumatische Kindheitserlebnisse hatte, das alleine reicht allerdings nicht zur Erhellung ihrer sexuellen Neigung.
In kurzen, knappen Sätzen und Absätzen erzählt Slimani, wie Adele versucht, ihre Obsession vor ihrem Mann Richard zu verbergen, wie sie sich immer tiefer in einen Sumpf hinein manövriert, wie sie Beruf und Kind vernachlässigt, sich selbst und jegliche sozialen Kontakte.
Man kann das aufwühlend finden, oder auch eindimensional.
Adele versucht nie, sich aus diesem Teufelskreis zu befreien. Es ist, als warte sie darauf, enttarnt zu werden und Absolution zu erhalten. Das macht Adele als Figur so langweilig.
Leila Slimani berichtet das alles in einem sehr unterkühlten Ton, was es einem als Leser noch schwerer macht, an die Protagonisten heranzukommen.
Das Psychogramm einer verzweifelten Frau sähe anders aus.
Wenn der Klappentext eine "moderne Madame Bovary" insinuiert, dann ist das mehr als übertrieben!