Man bleibt sprachlos zurück - so oder so

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pummelfee77 Avatar

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Ich bin immer noch sprachlos. Die Autorin schafft es dieses Thema aus der Tabu-Ecke zu holen ohne, dass die Story obszön wird. Man weiß, was passiert ohne dass alles en Detail beschrieben wird.

Adèle und Richard führen mit ihrem gemeinsamen Sohn Lucien ein scheinbar sorgloses und erfülltes Leben. Doch der Schein trügt, denn Adèle leidet unter Sexsucht. Sie kann an nichts anderes denken und ihr Leben wird davon bestimmt. Doch welchen Preis muss sie am Ende für all die Heimlichkeiten zahlen?

Der Leser merkt schnell, wie es zwanghaft Adèle auf der Suche nach dem sexuellen Kick ist. Selbst bei unpassenden Gelegenheiten kann sie sich nicht zurückhalten. Sie geht hohe Risiken ein und ist oft selbst von sich angewidert und enttäuscht. Doch weiß sie auch, dass sie mit niemandem darüber reden kann, bei niemandem Hilfe suchen kann. Getrieben von ihrem Trieb balanciert sie am Abgrund, sich jederzeit bewusst, dass der Sturz sie töten würde - ihre Seele zerstören würde und ihr den einzigen Anker, ihren Mann und Sohn, nehmen würde. Dennoch kann sie trotz aller Rationalität nicht gegen ihre Sucht kämpfen - bis ihr Mann durch Zufall alles entdeckt.

Mit Adèle hat Leila Slimani eine Figur erschaffen für die ich keinerlei Gefühle hege - weder Sympathie noch Antipathie haben mich erfasst. Aber ich kann sie verstehen, mich in sie hinein versetzen und bemitleide sie. Aber dennoch fehlen mir einige Dinge, die ich erwartet habe, aber auch zwischen den Zeilen nicht finden konnte. Noch bin ich gar nicht so sicher, ob es sich hier um Sexsucht handelt oder doch eher um die Suche nach Liebe, Sicherheit und Geborgenheit. Dennoch konnte ich das Buch nur schweren Herzens weg legen und habe es auch selten getan. Ergo habe ich es fast an einem Stück gelesen. Die Reflexion und das in Worte fassen hat länger gedauert, als es zu lesen. Und noch immer bin ich mit der Wahl meiner Worte nicht zufrieden. Sie beschreiben nicht annähernd, was die Story verdient hat. Meine Reflexion ist noch nicht am Ende, aber der Rezi muss online.