Schwer einzuschätzen

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lealein1906 Avatar

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„All das zu verlieren“ finde ich gar nicht so leicht einzuschätzen. Zum einen hat es mir schon gefallen, zum anderen konnte es mich mit der Geschichte auch nicht ganz überzeugen. Da scheint der goldene Mittelweg aus drei Sternen genau richtig.
Adele hat einen Mann und einen Sohn, einen guten Job als Journalistin. Doch das ist nur der Vordergrund. Im Hintergrund stürzt sie sich von einer Affäre in die nächste, nichts stellt sie zufrieden, alles langweilt sie. Sie sucht nach einem „Kick“, den sie aber schon lange nicht mehr finden kann. Dabei betrügt sie ihren Mann und ihre Familie nach Strich und Faden, führt ein richtiges Doppelleben. Dabei ist sie sich stets bewusst, dass die damit alles aufs Spiel setzt, was sie sich aufgebaut hat.
Den Schreibstil von Slimani finde ich wirklich gut. Vor allem die eher kurzen Kapitel haben mich angesprochen, weil man so gut Pausen zum Verdauen des Gelesenen macht. Sie beschreibt ihre Charaktere und deren Gefühle auf eine ganz besondere Weise und zeigt dabei auch immer die intimsten Seiten der Figuren, das ist es, was ihren Geschichten die Außergewöhnlichkeit verleiten, finde ich.
Trotzdem fand ich es schwierig, mich mit Adele zu identifizieren. Sie handelt so komplett gegensätzlich gegenüber meinen persönlichen Überzeugungen, dass es mir stets schwer gefallen ist, sie zu verstehen. Allerdings macht das natürlich auch den Reiz ihrer Geschichte aus, weil sie eben anders ist als gewöhnlich. Die Zerrissenheit wird jedoch gut geschildert.
Ich empfehle den Roman schon weiter, weil er ein interessantes Bild von Frauen zeigt, die dabei sind „all das zu verlieren“, aber andererseits hat mich gerade das Ende etwas konfus zurückgelassen. Ich denke, über dieses Buch muss sich wirklich jeder selbst sein Urteil bilden. Eine eindeutige Meinung finde ich auf jeden Fall nicht.