Selbstzerstörerische Sexsucht

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minijane Avatar

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Leila Slimani greift in ihrem Buch "All das zu verlieren" das Tabuthema Sexsucht auf. Ihre Protagonistin Adèle sollte eigentlich ein zufriedenes Leben führen. Sie ist jung, schön und ist mit einem erfolgreichen Arzt verheiratet. Sie lebt mit ihrem Mann und ihrem kleinen Sohn mitten in Paris in einer schönen Wohnung und hat zudem noch einen guten Job als Journalistin.

Dennoch ist sie unzufrieden und ruhelos. Sie hasst ihr Leben, ihren Job, ihr Kind ist ihr zu anstrengend, ihrem Mann spielt sie etwas vor. Schon die ersten Zeilen des Buches sind die einer Süchtigen: " Seit einer Woche hält sie durch. Eine Woche schon ist Adèle standhaft geblieben.Vernünftig... Aber heute Nacht hat sie davon geträumt und konnte nicht mehr einschlafen.....Sie will, dass man sie packt, dass ihr Kopf gegen die Scheibe prallt. Sobald sie die Augen schließt, hört sie die Geräusche: das Stöhnen, die Schreie, das Klatschen der Körper. Ein nackter, keuchender Mann, eine Frau, die kommt."

Die Autorin beschreibt alle Facetten dieser Sucht. Die Heimlichkeiten, die Ausreden, ständige Aidstest und Schwangerschaftstests. Nur wenn sich Adèle immer wieder wildfremden Männern hingibt,verschafft ihr das für kurze Zeit einen Glücksrausch, der genauso schnell wieder vergeht und Scham und Selbsthass hinterlässt. Für den nächsten Kick stürzt sich in weitere Affairen, die Männer langweilen sie nach kürzester Zeit, der Sex wird härter. Alle Dinge des Alltags werden zugunsten der Sucht vernachlässigt. Das wird besonders deutlich als ihr Mann verunglückt und mit einer Beinfraktur im Krankenhaus liegt. Ihren Sohn kann Adèle gar nicht schnell genug bei den Schwiegereltern parken, um sich fremde Männer ins Haus zu holen.Ihr Haushalt versinkt nach kürzester Zeit im Chaos und sie vergisst sogar den Termin an dem ihr Mann entlassen wird und lässt ihn unnötig warten.

Der Ursache ihres Verhaltens kommt man nur schwer auf die Spur. Es gibt zwar Rückblicke auf ihre Kindheit, die recht freudlos war, aber die Autorin streut wirklich nur ab zu ein paar Andeutungen und so bleiben bis zum Buchende doch ziemlich viele Fragezeichen. Auch der Ehemann Richard war mir in seinem Verhalten und seiner Beziehung zu seiner Frau oft unverständlich. Nachdem Adèle nach seinem Unfall dann doch auffliegt dachte ich es kommt vielleicht noch Schwung in die Geschichte, wurde aber leider enttäuscht. Alles in allem war dieser Roman sprachlich brillant, inhaltlich aber einfach nur deprimierend und verstörend.