True Colors

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Cecelia Ahern ist die Meisterin gefühlvoller Bücher, mit „Alle Farben meines Lebens“ knöpft sie sich das Thema „Leben einer Synästhetikerin“ vor: Die Geschichte handelt von Alice, die als Achtjährige entdeckt, dass sie nicht nur die Farben von Menschen, sondern damit auch deren Aura sieht und so ihre Stimmungen und Gefühlslagen lesen kann, aber auch erkennt, ob jemand ehrlich ist. Das macht das ohnehin nicht leichte Leben mit ihrer bipolaren Mutter nicht einfacher, vor allem, weil sie fürchtet, ihren kleinen Bruder Ollie an die Welt ihrer Mutter zu verlieren und ihm sein Leben entgleiten zu sehen. Einzig ihr Bruder Hugh und seine Freundin geben ihr Halt. Alice‘ Synästhesie stellt für sie zunächst keine Begabung dar, sondern vielmehr eine Art Fluch – doch als sie in ein Internat kommt und sich mehr und mehr von ihrer Mutter löst, arrangiert sie sich zunehmend und ihr Leben wird leichter. Und schließlich sieht es so aus, als könne sie sogar noch Glück finden …

Versprochen hatte ich mir ein Buch über das Thema Synästhesie, gespickt mit einer Liebesgeschichte. Das ging auf, zudem packt Ahern auch tiefe Gefühlslagen in ihre Geschichte, denn faktisch geht es um das Leben mit Synästhesie und einer schwierigen Familie. Dementsprechend schwierig sind auch die „flankierenden Themen“: Leben mit einer besonderen Fähigkeit (nicht immer ein Geschenk), bipolare Störung, Co-Abhängigkeit, Sinnsuche (an sich ja positiv, aber anstrengend). Zugleich gibt es aber auch erfreuliche Seiten, wie Liebe (weniger zu einem Partner als zwischen Geschwistern), Akzeptieren von Situationen. Wer eine Liebesgeschichte erwartet, dürfte enttäuscht sein: Es geht in weiten Teilen um Alice‘ Kindheit, Erwachsenwerden und ihr Leben, der im Klappentext erwähnte Mann taucht erst spät auf. Bis auf Längen im Mittelteil ist Aherns Schreibstil aber flüssig und leicht lesbar. Das mag umso mehr überraschen, als es nicht einfach ist, die Welt eines Synästhetikers zu beschreiben – und das auch noch mit den Auren von Menschen zu verknüpfen, ohne dabei schwülstig zu werden. Was den ersten Punkt angeht, sind zahlreiche Bilder der Garant für das Gelingen, wie sie den 2. Teil hinbekommt, ist mir schleierhaft. Abgesehen von den erwähnten Längen ist einzig das etwas überhastet wirkende Ende ein Manko. Für mich war das von Tessa Mittelstaedt gelesene Hörbuch das Richtige: Ihre warme Stimme passt hervorragend nicht nur zu Alice, sondern insgesamt zur Geschichte, denn auch Ahern begegnet ihren Figuren mit viel Wärme, sodass ich über vorhandene Schwächen hinwegsehen kann. Wer übrigens eine Geschichte im Stile von Aherns absolutem Bestseller erwartet, dürfte enttäuscht sein, diese Geschichte ähnelte unter ihren Werken eher „Sommersprossen“.