Unterhaltsam - aber nicht mehr

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waldeule Avatar

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Zu diesem Buch habe ich gegriffen, weil ich gerne mehr über das Frauenleben in der jungen DDR erfahren wollte. Über Emanzipation zwischen Kriegstrauma und Neubeginn. Über Alltagsprobleme, Politik und gesellschaftliche Entwicklungen. Das kam mir aber leider alles zu kurz. Zwar spielt die politische Situation immer wieder eine Rolle und auch der Arbeiteraufstand von 1953 kommt vor, aber insgesamt konnte ich mich nicht in die Zeit einfühlen. Ich habe es vermisst, das Lebensgefühl und die Atmosphäre dieser Zeit zu spüren und mitzuerleben.

Dafür wird das Leben der Architektin Ilse Schellberger sehr breitgefächert erzählt. Von Kinderbeinen an über ihr Studium und ihre Arbeit an der „Allee der Träume“ bis hin zum Großelterndasein begleiten wir sie. Ehrlich – das hätte ich in der Fülle nicht gebraucht. Als Leserin hatte ich das Gefühl, jede Einzelheit wird mir vorgekaut, so dass kein Raum für eigene Interpretationen bleibt. Dazu kommt, dass Ilse immer alles meistert, immer den richtigen Riecher hat und natürlich schon vorneweg immer weiß, wer auf welcher Seite steht. So viel Perfektheit finde ich anstrengend, gerade, da ich manche Handlungen von ihr überhaupt nicht nachvollziehen kann. Da ist einiges der Dramatik zuliebe sehr aufgebauscht, daneben verlaufen aber wichtige Handlungsstränge plötzlich im Sande.

Ungewöhnlich ist die „Zusammenfassung“ des Kapitels am Anfang jedes Abschnitts. Erinnert mich an frühere Kinderbücher. Nimmt aber einiges an Spannung und fand ich deshalb eher unpassend.

Fazit: Es war ein unterhaltsames Buch – nicht mehr, nicht weniger. Deshalb drei Durchschnittspunkte.