Wo bleibt der Ritter, der um seine Frau 'campen' will?

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karschtl Avatar

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Da ich ein bißchen auf mein Exemplar warten musste, hatte ich zumindest Gelegenheit, den ersten Teil "Alles Azzurro" vorab zu lesen.
Das war einerseits sehr gut, weil mir das Buch sehr gefallen hat, andererseits auch weniger gut, weil mir dadurch der 2. Teil im direkten Vergleich etwas weniger gefiel.

Auffallend waren z.B. dass der Autor zwar lustige Vergleiche zieht, aber leider auch keine neuen Einfälle für Buch 2 hat, sondern seine Vergleiche des Luxus-Wohnmobils mit der Queen Elizabeth (dem ´Kreuzfahrtschiff!) und wütende Südtiroler mit Andreas Hofer fast wortwörtlich wiederholt.
Gestört hat mich zudem, dass hier das Lektorat wohl ein bißchen schlampiger war und zB ganz zum Anfang Willis Frau nicht Rita heißt, sondern den Namen einer anderen Camper-Ehefrau hat (ich glaub, Inge war es). Und der Ich-Erzähler heißt hier nun Markus, im ersten Teil war er durchgängig Marco. Absicht?
Aber gut, das sind vielleicht alles nur Kleinigkeiten, die einem wirklich nur auffallen, wenn man beide Bücher so wie ich hintereinander weg liest.

Doch auch die Story hat mich nicht ganz überzeugt. Als Markus in Sepiana aus dem Bummelzug steigt und erzählt hat, wie und wieso er seiner Familie in den Süden nachgereist ist, nahm ich an dass er seiner Frau nun über die nächsten 250 Seiten seine Liebe beweisen will. Doch was macht er stattdessen? Er versteckt sich bei einem Freund und beobachtet Lena und die Kids die nächsten 2 Wochen. Seine einzige Mission - den Typen, der sich an seine Ehefrau ranschmeißt, in Misskredit bringen. Und da kommen dann seine 3 Camper-Freunde ins Spiel, die ihm bei diesem Vorhaben tatkräftig unterstützen.
Die Ideen der Männerrunde sind ebenso wenig gut wie zielführend. Und ich frage mich die ganze Zeit über nur, warum Markus nicht einfach ritterlich-mutig zu Kreuze kriecht, seine Fehler eingesteht, seine ungebrochene Liebe zu seiner Familie beweist und um eine neue Chance bittet. DAS hätte ich mir bei einem Ehemann, der monatelang fremdging, erwartet. Stattdessen kommt dieser Teil nicht nur zu kurz, er fehlt völlig.

Umso kurioser, da im Nachwort der Autor schreibt, dass die Geschehnisse im Buch wahrer sind als ihm lieb ist. Hat er also so eine Geschichte auch abgezogen, und seine Frau hat ihn dann trotzdem zurück genommen? Respekt! Und Glück gehabt. :-)

Der Schreibstil ist angenehm unterhaltend und witzig, da kann ich nicht meckern. Ich hätte mir eben nur mehr wirklich neue Ideen gewünscht und vor allem stelle ich mir "um meine Frau kämpfen" (bzw. auch campen, denn auch das macht Markus ja gar nicht) dann wohl doch etwas anders vor. Für ein Italienurlaub - noch dazu am Campingplatz - aber dennoch DIE perfekte Lektüre!