Alles gut - wirklich???

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
melb2508 Avatar

Von

Als ich das Cover gesehen habe, habe ich direkt drauf geklickt - gelb, meine Lieblingsfarbe, eine zerdrückte Erdbeere, die das ganze Cover zu besudeln schein und der ironische Titel "Alles gut". Super! Der Klappentext machte mich neugierig und die Leseprobe hat mich definitiv überzeugt.

Nick Hornby ist einer meiner absoluten Lieblingsautoren und wenn er ein Buch empfiehlt, schaue ich definitiv genauer hin. Auch was er geschrieben hat, gefiel mir, ich liebe "berührende Liebesgeschichten", die aber noch mehr sind als das und das kenne ich auch von Nick Hornbys Romanen sehr gut,

Die Widmung "Für meine Mutter und ihre Mutter" - warum nicht "meine Oma?" kannte sie sie nicht? Oder betont sie das Mutter-sein? - mag ich als Mutter aber sehr gerne und ich vermute, es wird auch hier schon der feministische Ansatz deutlich.

Ein Zitat aus Clueless, was ja eigentlich auf Jane Austens Emma basiert, und der Name Josh, der dann sofort im Roman auftaucht - spannend. Und das 2. Zitat hat ebenfalls einen Liebeshintergrund. Dann aber wirkt erstmal nichts an der Leseprobe so, als würde eine Liebesgeschichte im Vordergrund stehen. Das bedeutet, es könnte sich ein enemy-to-lover Trope entwickeln zwischen Jess und Josh.

Jess ist mir sehr, sehr sympathisch. Wie süß, dass sie in ihrer Freude zu Barack Obamas Wahlsieg interviewt wird, ihre Message nochmal überdenkt und dann sogar mit einem Foto in der Zeitung erscheint. Und sehr schicksalhaft, dass Josh ebenfalls auf dem Abschnitt ist und bereits hier die krassen Unterschiede in ihren Auffassungen sichtbar werden. Als Finanzerin weiß ich leider, dass seine Aussage nicht komplett falsch war und ich erinnere mich mit Schrecken an das Jahr 2008 und die Bankenkrise zurück.
Wie Jess bei Goldmann Sachs arbeitet, also zunächst nicht arbeitet, erinnert mich sehr an manch eine Stelle, die ich in meiner Ausbildungszeit durchlaufen musste und ehrlich, nichts zu tun zu haben, ist absolut extrem viel schlimmer als zu viel zu tun zu haben.
Als junge Frau in einer Art Männerwelt bestehen zu müssen, war für mich 1998 hart und leider ist es noch immer nicht perfekt im Jahr 2011.

Das montierte Video , das sie zugeschickt bekommt mit dem Teenager auf der Abrissbirne - war das Wrecking Ball von Miley Cyrus? Sehr witzig!!! Auch die Situation kommt mir bekannt vor. Ich erinnere mich, wie ich mich furchtbar in einer Abteilung gelangweilt habe und nichts zu tun hatte und dann mit einer anderen Auszubildenden gechattet habe (1999 war das noch sehr anders als heute über eine Art internes Firmennnetzwerk, alles grün und weiß und rudimentär im Design) und dann haben wir aus Versehen den Chat ausgedruckt. Der Druck landete im allgemeinen Drucker auf dem Gang und der Vorgesetzte, über den wir (nicht allzu fies zum Glück) gelästert haben, fand ihn. Ich wäre fast gestorben vor Scham. Mir kommt die Aufgabe, die Jess dann erledigen soll vor wie eine Art Strafe dafür, dass sie sich hat ablenken lassen und die Reaktion auf die wohl getroffene Arbeit war echt mies. Wenn man sonst nichts zu beanstanden hat, sich über die Schriftart zu beschweren, oh Mann.

Der Rückblick auf ihr Seminar mit Josh und wie sie versucht, nicht mit ihm zu diskutieren, war auch sehr gut getroffen und macht mich neugierig, wie es weiter gehen wird mit den Beiden.
Auch, weil er ihr jetzt als "Kumpel" (was war wohl der richtige Begriff im Original? Buddy??) / Mentor bei Goldman Sachs zur Seite stehen soll und es auch tut, als sie einmal nicht klar kommt und ehrlich fragt.
Ich habe Michelle Obamas autobiographisches Buch "Becoming" gelesen und weiß, dass sie damals für ihren späteren Ehemann Barack ebenfalls eine Mentoring Aufgabe übernommen hatte, als er nach dem Studium in einer Kanzlei gearbeitet hat. Ich denke mal, die Autorin weiß das auch, wenn nicht, ist es ein netter Zufall. Aus solchen Konstellationen können sich wirklich Liebesgeschichten ergeben, da beide offensichtlich ähnliche Neigungen und Interessen haben. Durch das gemeinsame Studium und jetzt die ersten Erfahrungen im Job haben die beiden klar Dinge, die sie verbinden können werden.

Ich finde Josh tatsächlich nicht wirklich unsympathisch, auch wenn Jess ihn immerzu als Arsch bezeichnet. er ist eigentlich süß (bringt ihr Wasser, als sie betrunken ist, interessiert sich für ihre Meinung) und immerhin authentisch und ehrlich. Auch ist er nicht verletzend, wenn er argumentiert und er wirkt intelligent. Trotzdem ist es fies, wie er zu ihr ist an ihrem ersten Tag. Da hat sie mir sehr Leid getan.

Ich denke, die Beiden werden zusammen kommen und ich denke, Josh hat Seiten , die wir noch nicht kennen. Jess ist ihm gegenüber voller Vorurteile, ich wette, dass noch einiges raus kommen wird, mit dem sie nicht gerechnet hat und das wird sie dann hoffentlich sehr für ihn einnehmen. Und er könnte im Gegenzug ihre Seite besser verstehen, ich empfand tatsächlich seine vielen Fragen in dem Seminar nicht so richtig als nervig, sondern eher so, als würde er wirklich wissen wollen, wie ihre Meinung ist und als sei er zumindest geneigt, seine eigene Meinung zu verteidigen und/oder auf den Prüfstand zu stellen, indem er sich mit ihrer Meinung befasst. Leider war sie zu erschöpft, unsicher, genervt oder was auch immer, um sich der Diskussion zu stellen, was nachvollziehbar wurde, als sie beschrieb, wie ihr Vater immer und immer gekämpft hat für ihre Positionen und dafür, wahr genommen zu werden. Sie dagegen wollte wohl irgendwann einfach nur noch "nicht auffallen" und dazu gehören, eine Sache, die ich leider immer wieder lese. Es wäre so schön, gäbe es einen richtigen Mittelweg zwischen Kämpfen und Aufgeben, was Toleranz betrifft.

Die Sache mit Jess´ Herkunft ist ein bestimmt wichtiger Strang, der verwitwete Vater, den sie nicht enttäuschen will und ihre eigenen Ansprüche an sich selbst sind Themen, von denen ich erwarte, dass sie behandelt werden. Auch die Freundinnenclique der Mädels von Jess wird sicher noch interessant sein, da hier ihre eigene Unzufriedenheit gespiegelt wird (bereits jetzt), dass sie nicht so privilegiert leben kann. Auch sind schon einige Figuren eingeführt worden, bei denen es mich interessiert, inwiefern sie für Jess eine Rolle spielen werden und ob und wie sie in Erscheinung treten, wenn es um die sich bestimmt anbahnende Romanze zwischen Jess und Josh gehen wird.