Emotionale Sprache, etwas langweilige und konstruierte Geschichte

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Marin ist beim Wechsel von der Highschool aufs College vor ihrem alten Leben geflohen und hat nicht mehr mitgenommen als die Kleider, die sie am Leib trug. Sie antwortet nicht auf Nachrichten ihrer alten Freunde und versucht nur zu vergessen, wird aber von Ängsten und Panikattacken geplagt. Nur ihre Mitbewohnerin Hannah steht noch zwischen ihr und der totalen Isolation. Dann aber sind Weihnachtsferien und alle fahren nach Hause. Marin wird es erlaubt, im College zu bleiben, da sie kein Zuhause mehr hat. Dafür meldet sich Besuch an: Ihre ehemals beste Freundin Mabel kommt für drei Tage vorbei. Sie will Marin überzeugen, mit ihr nach Hause zu fliegen und Weihnachten bei Mabels Familie zu verbringen. Wird Marin auftauen und Mabel und ihre Familie wieder in ihr Leben lassen?

Ich habe mit diesem Buch sehr gekämpft. Der Verlag bewirbt es mit Attributen wie „so berührend und großartig, dass man kaum atmen kann“ und „schmerzlich schöne Darstellung von Trauer“. Es stimmt, dass hier in bewegenden Worten ein schweres Schicksal einer jungen Frau skizziert wird, aber die Sprache hat noch dazu beigetragen, dass ich mich über Monate durch die Lektüre gequält habe, weil ich einerseits so viel mitgefühlt, mich andererseits aber auch gelangweilt habe. Mein wiederkehrender Gedanke war: „Ich will nicht wissen, wie es ausgeht, UND das Buch hinterlässt sehr unangenehme Gefühle. Will ich es wirklich weiterlesen?“ Dass die Autorin mit ihren Worten so starke Gefühle hervorrufen kann, spricht sicherlich auch für ihre Ausdrucksfähigkeit, aber ich habe bei dieser Art von „Problembüchern“ manchmal das Gefühl, dass es weniger um die Geschichte geht, sondern nur darum, den Leser zum Weinen zu bringen und das finde ich fragwürdig. Ich lese auch anspruchsvolle Romane und lasse mich gerne zu Tränen rühren, Emotionalität darf aber nicht der primäre Zweck sein. Und da hat mir bei "Alles okay" eine gute Geschichte gefehlt.

Besonders zum Ende hin bekommt der Roman immer mehr Facetten, die nicht so recht zueinander finden. Ich hätte es besser gefunden, wenn die Autorin sich auf eine Aussage fokussiert hätte. Hier muss ich wieder Aussagen aus der Verlagsbeschreibung des Buches aufgreifen. Ist es ein Roman über das Erwachsenwerden? Nicht wirklich, denn Marins Weg ist sehr drastisch und spezifisch und macht keine allgemeine Aussagen, die man auf sein eigenes Leben verallgemeinern könnte. Aber es ist definitiv eine Geschichte über Einsamkeit. Die Unsicherheiten der ersten Liebe kommen darin vor und schließlich ein trauriges und etwas seltsames Familiengeheimnis, das mir zu konstruiert schien und nicht recht zu diesem ernst-melancholischen Buch passte.

Ich kann "Alles okay" in jedem Fall Lesern empfehlen, die auf gefühlvolle Problemromane stehen, in denen Menschen schwierige Phasen überwinden, auch wenn nicht das perfekte Happy End am Ende rauskommt. Es ist eine sehr emotionale Lektüre, die leider inhaltlich einige Schwächen hat, aber alles in allem doch aus der Masse heraussticht. Dreieinhalb Sterne, die ich hier zu vier aufrunde.