Alles, was ich übers Komasaufen weiß

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lady jancelot Avatar

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Kostenloses Rezensionsexemplar, vielen Dank an dieser Stelle. Aber auch ein Gratisbuch kann meine Meinung nicht beeinflussen.

>> Inhalt <<
In "Alles, was ich weiß über die Liebe" erzählt Dolly Alderton ihre persönliche Lebensgeschichte.
Sie erzählt von all den Dates, die schiefgelaufen sind; von betrunkenen Nächten, in welchen sie besinnungslos durch London und Umgebung irrte; wie sie regelmäßig pleite war und von ihren Freundinnen Geld lieh.
Dollys Weg zum Erwachsenwerden beginnt in ihrer Pubertät, mit etwa 14 Jahren entdeckt sie harten Alkohol für sich und schüttet das Zeug hemmungslos in sich rein - über ein ganzes Jahrzehnt hinweg.
"Alles, was ich weiß über die Liebe" ist ein Roman, der über die Probleme vom Erwachsenwerden und -Sein berichtet.

>> Fazit <<

Mir hat das Buch überhaupt nicht gefallen.
Es weist eine extrem verwirrende Chronologie auf; im einen Satz ist sie 19 Jahre alt, im nächsten 24, im darauffolgenden wieder 21. Gleich zu Beginn werden einem fünfzigtausend Männernamen um die Ohren geworfen, die im Laufe des Buches immer wieder auftauchen, und gleich zu Beginn verliert man komplett den Überblick.
Die Sätze weisen leider keine schöne Satzstruktur auf (hier merkt man sehr, dass Alderton hauptsächlich Zeitungsartikel und Drehbücher schreibt); die Sätze beginnen zu 80% mit "Ich" und sind sehr unschön - eigentlich gar nicht - ausgeschmückt.
Dadurch lassen sich auch leider kaum bis gar keine echten Emotionen erkennen; alles ist sehr oberflächlich gehalten.

Nun zur "Protagonistin": Dolly ist / war in meinen Augen ein selbstzerstörerisches Flittchen, das im Alkoholwahn und Drogenrausch jeden x-beliebigen Typen aufreißt. Massiver Konsum harten Alkohols und der Missbrauch von harten Drogen wird teilweise verherrlicht, was mir ganz und gar nicht gefällt. (Kurze Anmerkung: Ich trinke auch gerne Alkohol, aber ich weiß danach wenigstens noch, in welchem Stadtteil ich mich befinde und wie ich nach Hause komme!)
Mit 28 Jahren (am Ende des Buches) hatte sie genau eine richtige Beziehung, die nicht lange hielt, und sonst nur Sex-Dates mit Typen, die sie fünf Minuten zuvor auf einer Party klargemacht hat. Ohne viel Gerede - komm, wir gehen eine rauchen - zack, Sex!
Dolly kommt dem Leser als ein naives, dummes Flittchen vor, das außer Sex und Drogen nichts vorzuweisen hat. Ständig ertrinkt sie in Schulden und unternimmt nichts dagegen.
Ihr ganzes Selbstbewusstsein und ihr ganzes Selbst definiert sich nur darüber, mit wie vielen Kerlen sie im Bett war und bis wie lange in die Nacht sie feiern und trinken kann.

Ich musste mich wirklich sehr durch das Buch quälen und war mehrmals kurz davor, einfach abzubrechen. Dolly hat mich genervt und ich fand den Erzählstil schrecklich, der grob gesagt, mehr an eine angetrunkene Unterhaltung mit einer Freundin erinnert als an einen Roman.
Die Jugend generell wird mit pausenlosem Rumvögeln und Komasaufen verglichen, was mir ganz und gar nicht gefiel.
Der Roman ist durchbrochen von irgendwelchen E-Mails (ich weiß immer noch nicht, was genau die da sollen), irgendwelchen Einkaufslisten und Rezepten. (Hier muss ich sagen: Das Sandwich-Rezept habe ich ausprobiert, und das war echt gut!)
Ich bin hier ganz ehrlich: Ich würde mich schämen, wenn das das Buch meiner Tochter wäre, und ich lesen müsste, mit wie vielen Typen sie es getrieben und welche Drogen sie konsumiert hat. Ich würde mich wirklich zutiefst schämen.

Dass Dolly irgendwann eine Therapie macht und sich ein bisschen dafür schämt, so dem Alkohol versessen gewesen zu sein, bessert meine Meinung von ihr und von dem Buch aber auch nicht. (Wer weiß, vielleicht hat sich Dolly ja wirklich zutiefst geschämt, das kam im Buch leider nicht rüber.)
Zitat: " Jahre später wurde mir klar, dass ein Verhalten, für das man sich ständig schämt, dazu führt, dass man sich selbst nicht mehr ernst nehmen kann , woraufhin das eigene Selbstbewusstsein nur noch weiter sinkt." (Seite 124)

Allerdings lässt sich auch etwas Positives über "Alles, was ich weiß über die Liebe" sagen. An manchen Stellen wirkt Dolly sehr selbstreflektiert und denkt tatsächlich über ihr Verhalten nach - wenn auch leider erst gegen Ende des Buches. An einigen Stellen empfindet man Dolly tatsächlich als eine gute Freundin, und nicht als das Biest, das eifersüchtig und sauer wird, als ihre beste Freundin heiraten möchte.
Die letzten 100 Seiten von dem Roman waren tatsächlich ganz angenehm zu lesen, wenn auch nicht überragend.
Ein paar Lebensweisheiten lassen sich tatsächlich aus den letzten beiden Kapiteln entnehmen, beispielsweise, dass wahre Lieber einfach eine Nachricht sein kann, in der steht: "Habe Klopapier gekauft." ( Seite 318)
Oder, dass Menschen einfach nur Menschen sind, und Fehler ganz alltäglich und verzeihbar sind. (Seite 328)
Also: ein bisschen Weisheit ist doch mit drin.

Als Abschluss lässt sich also sagen, dass ich wirklich sehr enttäuscht bin von dem Buch und leider nicht mehr als zwei Sterne geben kann.