Die Liebe ist manchmal schwer verdaulich

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sapere_aude Avatar

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In „Alles, was ich weiß über die Liebe“ schildert Dolly Alderton schonungslos und schnodderig-humorvoll ihre Erlebnisse mit Männern, ihr Lernen über Liebe allgemein und schließlich auch die Erkenntnis über den Wert von Freundschaft, der Liebe noch übertrumpfen kann. Über Liebe zu lernen, bedeutet hier vor allem, sich auszuprobieren und dies in der ausschweifenden, keine Möglichkeit auslassenden Weise sorgloser Twens in Europas Hauptstädten (in Aldertons Fall: London) in den 1990er und 2000er Jahren.

Der Weg zur Erkenntnis ist bei Alderton lang und ungesund. Es gibt viel Alkohol, Zigaretten und andere Drogen, verschiedenste Dates und sehr viele Partys und oft mehr Spaß als wirkliches Interesse am anderen, auch nicht vonseiten der Autorin selbst, so scheint es. Man hat den Eindruck, dass sie manche Erfahrungen fast schon machen möchte, um danach darüber schreiben zu können – oder um wirklich nichts verpasst zu haben. So gewinnt sie im Laufe des Buches durchaus wichtige Einsichten, ihrem Schreibstil nach bleibt sie aber immer cool und auch ein wenig zynisch-distanziert.

Insgesamt kann ich mir vorstellen, dass die Zeitschriftenbeiträge oder Podcasts von Frau Alderton noch lesenswerter sind als das Buch, weil ihr Schreibstil zu kürzeren Beiträgen insgesamt besser passt. Zugleich sind auch die Buchkapitel eher episodisch, was wohl genau derselben Tatsache geschuldet ist. Schön war es trotzdem, von ihren Erfahrungen zu lesen, wenn man ungefähr zeitgleich - in einem anderen europäischen Land zwar, aber mit vielen identischen Zutaten (sowohl was Personen und ihre Eigenschaften, aber auch was die technischen, musikalischen und wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen betrifft) - aufgewachsen ist und ähnliche Erfahrungen gemacht hat.

Gut gefallen hat mir die Aufmachung des Buches. Der Titel mit den durchgestrichenen Etappen auf dem Weg zur Liebe (und zur Erkenntnis) ist wirklich gelungen. Insgesamt ist „Alles, was ich weiß über die Liebe“ nicht die größte literarische Entdeckung, aber ein Buch, das man zum Beispiel der besten Freundin schenken kann, die den Weg zur und durch die Liebe mit einem durchgestanden hat.