Lesen als Bedürfnisbefriedigung

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bildersturm Avatar

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Eigentlich ist es wie immer.

Eine Frau mittleren Alters. Ein untreuer Ehemann. Das traumhafte Eigenheim als goldener Käfig. Eine Beziehung, in der man sich nichts mehr zu sagen hat. Und eine Trennung, die eine Chance zum Neuanfang bietet. Was ist daran neu? Was ist daran inzwischen überhaupt noch erzählenswert?

ALLES WEGEN WERNER ist Lesen als Bedürfnisbefriedigung: Die immer wieder gleiche Ausgangssituation führt zum immer wieder gleichen Happy End, die Hindernisse auf dem Weg zum Ziel sind austauschbar. Natürlich ist an diesem Erzählschema nichts von Grund auf falsch (ja, die meisten Genres basieren auf nur wenigen, oft behandelten Grundkonstellationen), dennoch fällt es am meisten auf, wenn der Autor der Geschichte nur wenig Neues hinzufügen kann. Bettina Haskamp entscheidet sich dafür, ihre Protagonisten ein wenig älter als den Durchschnitt zu machen - mitten im Leben stehen diese scheinbar dennoch, so dass die Auswirkungen bestenfalls kosmetischer Natur sind.

Was bitter aufstößt, sind die kunstlosen Dialoge, die soviel wie möglich Beweggründe in geschwätziger Geschäftigkeit erklären möchten - "Show, don't tell", dieses wichtige Grundprinzip prosaischen Erzählens, scheint noch nicht zu Frau Haskamp vorgedrungen zu sein. Stattdessen gibt es Gespräche, denen durch das versaute Timing einfach die Spannung fehlt, während man sich ansonsten an Belanglosigkeiten in den detaillierten Wohnungs- und Lebensbeschreibungen der unsympathischen Ich-Erzählerin ergötzen darf.

Das Traurige daran ist, dass es den meisten wohl einfach nicht auffallen wird, weil ALLES WEGEN WERNER, oberflächlich betrachtet, das liefert, was die Leserschaft erwartet - und solange das vermittelte Gesamtpaket stimmt, scheinen sich die wenigsten Leserinnen an den Details zu stören. Schade, dass der Erfolg solcher "Frauenliteratur" immer noch das Klischee bestätigt, dass Frauen kritiklos zu begeistern sind, wenn man sie mit einer ausreichenden Prise Herz und Schmerz lockt.