Szenen einer Ehe

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buecherfan.wit Avatar

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Clara (51) und Werner (65) Backmann sind seit  30 Jahren verheiratet und führen nicht gerade eine Traumehe, ja,

man könnte ohne Übertreibung sagen, dass ihre Beziehung völlig zerrüttet ist. Clara hasst und verachtet ihren Mann

und hält es nur mit viel Alkohol und in Gesellschaft ihres alten Hundes Tom in dieser Ehe aus. Sie hält alle Alternativen

zu ihrer jetzigen Situation für schlimmer als Trennung und Scheidung und will die materielle Sicherheit und das

luxuriöse Leben in der portugiesischen Villa nicht aufgeben. Nach einer Brasilienreise ergreift Werner die Initiative

und verlangt die Scheidung, weil er mit einer wesentlich jüngeren Frau in Brasilien noch einmal neu anfangen will.

Clara fällt in Ohnmacht und ertränkt den Schock über die anstehende Veränderung in großen Mengen Alkohol.

Das Thema ist alles andere als neu, und der weitere Verlauf scheint weitgehend absehbar: Clara wird eine schwere

Phase durchleben, dann wird sie ihr Leben irgendwann in den Griff bekommen und einen neuen Anfang wagen. Alles

andere wäre zu trostlos und niederschmetternd. Die Enthüllung von lange gehüteten Familiengeheimnissen oder

andere überraschende Wendungen sind nicht zu erwarten. Woher könnte also Spannung kommen? Die Leseprobe

läßt mich seltsam unberührt. Ich vergleiche automatisch mit Sabine Kornbichlers Claras Haus, ebenfalls ein Roman

über das Ende einer Ehe, das für die Protagonistin ungleich überraschender kommt. Ihr Mann hat sie lange mit

ihrer besten Freundin betrogen, und sie hat nichts bemerkt. . Die Überwindung des Schmerzes und die Aufarbeitung der Beziehung berühren

den Leser hier sehr stark und wirken lange nach. Diese Wirkung vermisse ich in der vorliegenden Leseprobe. Mit

der Clara aus "Alles wegen Werner" sehe ich wenig Identifikationsmöglichkeiten, aber vielleicht schafft es die

Autorin ja, die Entwicklung ihrer Figur glaubhaft und anrührend darzustellen.