Es fehlt der "Thrill"

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larania Avatar

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Ich weiß nicht, was ich davon halten soll, dass heute auf jedem zweiten Buch "Thriller" steht, obwohl der Inhalt eigentlich nicht darauf zutrifft. Für mich sind Thriller diejenigen Bücher, die mich nicht mehr loslassen, die es verstehen, Spannung zu erzeugen, und das auf einem Level, das sich von anderen Genres doch deutlich abhebt. Ein Thriller hat eben diesen "Thrill", der schon in seinem Namen steckt, dieses Gefühl, in der Achterbahn am höchsten Punkt stehen zu bleiben, kurz vor dem freien Fall. Wenn ich einen Thriller kaufe, wünsche ich mir genau dieses Gefühl, unterstützt durch Spannung und eine fesselnde Handlung. Leider konnte "Als das Böse kam" von beidem nicht allzu viel bieten.

Wenn es kein Thriller ist, ist es eben ein Krimi. Auch das trifft nicht zu 100% zu, denn dieser Roman vereint meiner Meinung nach mehr als nur ein oder zwei Genre miteinander. Da er aus Sicht der 16-jährigen Juno geschildert wird, liegt ihm ein kindlicher, einfach gebauter Schreibstil zugrunde. Manchmal kam er mir übertrieben kindlich vor, aber das hat zu der Situation, in der sich das Mädchen befindet, gepasst. Sie lebt mit ihren Eltern auf einer einsamen Insel, ihr ganzes Leben wurde ihr eingetrichtert, dass sie nur dort vor den sog. Fremdlingen sicher ist und die Insel aus diesem Grund niemals verlassen darf.

Anfangs ist die Handlung nicht sonderlich spektakulär, sie erinnert mehr an einen gewöhnlichen Belletristik-Roman. Man lernt die Familie kennen, erfährt aber noch nicht wirklich viel über den Hintergrund des Lebens auf der Insel. Wer gleich zu Beginn schockierende Momente oder Gänsehautfeeling erwartet, ist hier falsch. Ab der Mitte des Buches wird dies besser, man gelangt näher an die Auflösung des Rätsels und folgt der ein oder anderen falschen Spur. Alles jedoch eher in einem kleinen Rahmen, man sollte also keine allzu unvorhersehbaren Wendungen erwarten. 

Nichtsdestotrotz schafft es der Autor, dass man das Buch nur ungern zur Seite legt. Das liegt einerseits an dem leichten Schreibstil, der das Lesen sehr einfach und intuitiv macht, andererseits daran, dass man doch wissen will, wie es ausgeht. Ich hatte das Buch in weniger als einem Tag ausgelesen - es konnte mich also schon fesseln, wenn auch nicht so stark wie gewünscht.

Insgesamt möchte ich "Als das Böse kam" keine schlechte Bewertung geben - denn eigentlich habe ich es gerne gelesen. Allerdings entspricht der Thriller nicht dem, was ich erwartet hatte - und was vermutlich auch andere Leser erwarten. Dessen sollte man sich beim Kauf bewusst sein. Man könnte es einen abgespeckten Thriller nennen, der zwar etwas Spannung aufbaut, in der Tiefe jedoch eher flach bleibt. Er lebt von der Unwissenheit des Lesers und einem leisen "Irgendwas muss jetzt schiefgehen"-Gefühl (auch wenn dann gar nicht so viel schiefgeht), weniger von blutigen Details oder rasanten Handlungsabfolgen. Aber das ist ja auch okay. Wenn man das vorher weiß, sich auf eine Geschichte aus Sicht eines Kindes einstellt und nicht den nächsten Fitzek erwartet, wird man hier mit einem guten, spannenden Buch für zwischendurch belohnt.