Als der Regen kam

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regenprinz Avatar

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Eine Liebe, die tatsächlich nur eine Begegnung an einem besonderen Tag war und dennoch mehr als fünfzig Jahre überdauert - gibt es das? Urs Augstburger schafft es in seinem Roman, dass ich ihm das glaube. Denn er hat seine Geschichte in einen absolut passenden Rahmen gebettet: Das "Jugendfest", das alljährlich stattfindet und alle im Städtchen in den Bann zieht - verheißungsvoll, sehnsüchtig, voller Hoffnungen und Erinnerungen. Da tanzen schon die Kleinsten mit Hingabe den Reigen, da verfallen die Älteren ins Träumen und die ganze Atmosphäre zwischen Musik und Feuerwerk ist aufgeladen mit nostalgischem Liebeswerben, mit dem Austausch von Eichenblättern und Granatblüten als Zeichen der Verbundenheit. 

Die Figuren im Buch sind fein gezeichnet und fügen sich perfekt in die Bilder. Mauro, der heimgekehrte Sohn, der versucht, das Geheimnis seiner demenzkranken Mutter zu verstehen - Helen, die so schön, zart und zerbrechlich wirkt, die ein Schiff aus Rindenstückchen geformt und unzählige blaue Steine zu Schildkröten gefügt hat. Aber was bedeutet das Ganze? Mit Mauros vor langer Zeit verstorbenem Vater hat es offenbar nichts zu tun. Hat sie den überhaupt je geliebt? Dann gibt es noch Jakob Matter, den Jazzmusiker, der vor so vielen Jahren geflohen ist und nun zurück ist, den jetzt ein kleines Nachbarsmädchen dazu bringt, sich zu erinnern. Pius, den Dritten im Bunde, der noch immer nichts dazugelernt hat, und ein paar Nebenfiguren wie z.B. Helens autoritären Vater. Sie alle ergeben ein stimmiges Ensemble und ganz allmählich, Stück für Stück, setzt sich die Vergangenheit vor dem Leser zusammen, erfährt man, was damals geschehen ist. Damals, als der Regen kam, und danach ...

Es liest sich schön, fast zauberhaft leicht, durchwoben mit Helens Gedankensplittern, die nicht immer ganz verständlich sind, aber das störte mich beim Lesen nicht. Die Bilder vom Fluss, überhaupt die Beschreibungen sind faszinierend. Und am Ende steht ein Schlusssatz, den ich einfach großartig finde. Denn für mich bringt er auf den Punkt, was dieses Buch auch insgesamt ausmacht - gekonnt die Balance zwischen Träumerei, Sehnsüchten und Realität zu wahren. Gerade dieses wunderbar unkitschige Ende ließ die Glaubwürdigkeit der Geschichte für mich bestehen. Danke dafür!