Spuren in die Vergangenheit

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moosi Avatar

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Wie ein nicht geringer Anteil älterer Menschen leidet Helen unter Alzheimer. Ihr einziger Sohn Mauro reist "ins Städtchen", um sich ein Bild vom Zustand seiner Mutter zu machen. Damit beginnt für Mauro eine Reise in die tragische Vergangenheit seiner Mutter. Wie der Zufall es will fällt Mauros Besuch in die Zeit des Jugendfestes des Städtchens, das seit Jahrhunderten im immer gleichen, traditionellen Ablauf stattfindet. Beim Jugendfest vor über 50 Jahren nahm Helens Schicksal seinen Lauf.

Wie fand ich das Buch? Die Handlung an sich hat mir sehr gut gefallen. Eine Liebesgeschichte verwoben mit politischen Aspekten der schweizerischen Nachkriegszeit gibt es nicht oft. Auch die Jugendfestthematik in all seinen breiten Ausführungen hat mir als Dorfkind gefallen. Es ist tatsächlich so, dass ein solches Fest etwas Besonderes ist und mit viel Liebe und Tradition vorbereitet wird.

Einige Dinge fand ich allerdings doch seltsam: Nur basierend auf Helens Tanz mit einem imaginären Tanzpartner steht für Mauro innerhalb von wenigen Zeilen fest, dass die Mutter in ihrem Delir einer längst "vergessenen" Liebe nachsinnt. Und auch der Beschluss, dass dieser Mann der Schlüssel zu allem sein muss, war zügig getroffen. Diese Entwicklung fand ich etwas befremdent... In diesem Zusammenhang auch, wie Mauro im späteren Verlauf der Geschichte "aus dem Augenwinkel" erkennt, dass es sich bei der Person auf der Tanzfläche um den richtigen Mann handeln muss. Wahnsinn!

Helens Gedankenwelt ist im Buch wahrscheinlich treffend und realistätsnah dargestellt (soweit man das als Außenstehender behaupten kann). Für den Leser sind diese Abschnitte allerdings recht kompliziert. Gefühlt würde ich sagen, dass ich vielleicht 50% von Helens Innenleben verstehen und für das Verständnis der Geschichte verwenden konnte. Schade! Aber wahrscheinlich gehört dies zur Intention dieser Abschnitte.

Es fiel mir mal mehr mal weniger schwer, die "Jugenderinnerungen" vom kleinen Josef und kleinen Mauro auseinander zu halten. Das sollte für interessierte Leser allerdings kein Hindernis darstellen. Ich kann dieses Buch durchaus weiterempfehlen, v.a. an Leser, die nicht ausschließlich die leichte und schnelle Lektüre suchen. Leider habe ich persönlich oft den Anspruch, alles in einem Buch zu verstehen, zu erfallen und nachvollziehen. Diese Erwartung sollte man bei Augustburgers "Als der Regen kam" allerdings etwas zurückschrauben.

Ich wünsche allen Interessierten ein schönes Leseerlebnis. Wagt euch ruhig ran und mach eure Erfahrung!