Wo das Glück wohnt...

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tochteralice Avatar

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... findet man zuweilen erst sehr spät im Leben heraus, doch solange man lebt, besteht die Hoffnung, dass man es schafft. Und zuweilen gelingt es auf die ein oder andere Art und Weise - dies die Botschaft des  Schweizer Autors Urs Augstburger in seinem Roman "Als der Regen kam".

Mauro besucht nach mehr als zwei Jahren seine Mutter. Inzwischen hat sich vieles verändert - ihre Alzheimererkrankung, beim letzten Besuch noch in ihren Anfängen und von Mauro nicht als solche erkannt, ist weit, weit fortgeschritten. Nun lebt sie in einem Heim und erkennt ihren eigenen Sohn nicht mehr. Geheimnisvoll wird die Story zunächst durch die regelmäßigen Besuche von Pius, der zögert, sich Mauro zu zeigen.

Zudem erfolgt die Einführung eines zweiten Erzählstrangs mit den Protagonisten Alina - einem kleinen Mädchen - und Jakob, einem alten Mann. Wie hängen die beiden Geschichten zusammen? Durch die schrittweise, sehr langsame Annäherung an die Auflösung wird die Spannung des Lesers sehr gesteigert und löst sich auf teilweise unerwartete Art und Weise. Das große Thema des Romans sind die Einsamkeit und die Erinnerungen, in die jeder der Protagonisten auf seine Art gefangen ist. Die Wendungen des Lebens zeigen, dass tatsächlich der Schlimmste aller Schrecken der Mensch in seinem Wahn ist.

Das schmerzhafte,  in unserer Gesellschaft immer präsenter werdende Thema Alzheimer und Demenz, mit dem hier sehr behutsam umgegangen wird, macht dieses Buch gleichfalls lesenswert und rundet die in sich überaus stimmige und abgeschlossene Geschichte ab.

Ein wenig geschmälert jedoch wird das Lesevergnügen durch den Stil des Autors, der aus meiner Sicht nicht unbedingt von großartigem erzählerischen Können und Geschick zeugt. Augstburgers "Als der Regen kam" gemahnt von der inhaltlichen Ausrichtung, den vermittelten Werten her an den großartigen Roman "Léon und Louise" seines Landsmannes Alex Capus, auch wenn er diesem  - der Autor möge mir verzeihen - bei weitem nicht das Wasser reichen kann. Doch neben Diamanten muss es auch Halbedelsteine geben und so empfehle ich dieses Buch dennoch allen, die einen stimmungsvollen Schicksalsroman auf gehobenem Niveau zu schätzen wissen.