Als der Sommer eine Farbe verlor

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regenprinz Avatar

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Der Roman erzählt eine eher stille, schön geschriebene Familiengeschichte, die ich gerne gelesen habe. Das Leben von Bénédicte und ihrem kleinen Bruder Marcel ändert sich schlagartig, als ihre Mutter, die Malerin Aimée einen Selbstmordversuch unternimmt. Für Bénédicte, die sie zufällig fand, ein Schock mit Folgen ... Nachdem die Mutter in einem Sanatorium verschwindet, ziehen die Kinder mit ihrem Vater, einem Arzt und Therapeuten nach Sprede, wo er die Leitung einer Klinik übernimmt - des "Irrenhauses", wie die Spreder sagen. Mamique, ihre französische Oma, will nicht bei ihnen einziehen, sie hat ihr eigenes Leben und kommt nur gelegentlich zu Besuch. Bénédicte richtet sich mit Marcel gemeinsam in einem Zimmer des riesigen Hauses ein und nachdem Haushälterin Gertrud dazukommt, gibt es immerhin richtiges Essen statt ewig nur Dosenravioli. Erst viel später zieht Marcel in ein eigenes Zimmer um, damit er mehr Platz und Gestaltungsfreiheit für sich und seine Freunde hat - aber bis dahin ist auch in Bénédictes Leben so einiges passiert: Sie hat Freundin Susi Engel und ihren Hund an der Seite, sie hat Philo kennengelernt, sie hat das Geheimnis um Frau Fritzi gelüftet und sich beim Schauspielern in Misha verliebt ...
Die Geschichte hat viele Facetten und folgt etlichen kleinen Erzählsträngen und Nebenfiguren. Meist liest sich das Buch sehr schön, manchmal sogar ein bisschen poetisch, und es gibt vor allem zum Ende hin doch einige Überraschungen. Da war ich 2x echt total baff. *lach*
So ganz "rund" finde ich den Roman allerdings nicht, denn teilweise wirkten einzelne Passagen zu lang und ausführlich auf mich, teilweise ging es dafür hopplahopp. Ein bisschen willkürlich schien mir der Inhalt mitunter, auch die Gewichtung wesentlicher und nicht ganz so wichtiger Szenen unausgereift (vor allem z.B. die Auflösung mit Aimées Vergangenheit). Und was in aller Welt Mamique z.B. zu dem blöden Brockmannjungen gesagt hat, damit er von da an Marcel und Bénédicte in Ruhe ließ, hätte ich ja schon gerne gewusst ...
Dass gerade am Ende vieles nur angerissen bleibt, was die Zukunft der diversen Figuren betrifft, die im Buch größere Rollen spielten, fand ich schon schade. Andererseits habe ich das Buch wirklich mit Vergnügen gelesen und fand es vor allem auch sprachlich schön. Die Geschichte und ihre Figuren waren originell und liebenswert (nicht alle, natürlich), und vor allem Bénédicte sehr einfühlsam dargestellt. Gerne lese ich irgendwann wieder etwas von dieser Autorin!