Außergewöhnliches Buch mit außergewöhnlichem Schriftbild

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kindder80er Avatar

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Schon der Untertitel hat mich zum Schmunzeln gebracht: "Ein Improvisationsroman voller Unterbrechungen und ohne Anspruch auf Tiefgang"! Auf sowas muss man erstmal kommen! ;-)

Sophie, ihres Zeichens Autorin, ist arbeitslos, muss von ihren restlichen 300 Euro auf dem Konto 260 an ihren Stromanbieter abgeben und so oft sie die Rechenaufgabe auch löst - es bleiben ihr 40 Euro für 10 Tage zum Leben.

Sie kauft sich nun Nudeln als Vorrat und hofft, damit in ihrem kleinen, gemieteten Kämmerchen zu überleben während sie darüber sinniert, was "arm" eigentlich ist. Das macht sie durchaus mit viel schwarzem Humor und sehr hübsch ist dabei auch, wie viele neue Synonyme sie dabei findet, WIE ihre Mutter etwas sagt: Sie kraquäte, widernörgelte, seufzeterte, pflichtpampte, unkzürnte, bellschnauzte... Ich musste dabei so oft schmunzlachen... ;-)

Sophie kommt eigentlich aus einer Familie, die immer alles hatte und ist mit sechs Brüdern aufgewachsen. Trotzdem oder gerade deswegen bekommt sie ihr Leben gerade nicht in den Griff, da als Autorin nicht gerade die Welt auf sie gewartet zu haben scheint. Ihre Rechnungen bezahlt sie aber immer und ist irgendwie auch stolz darauf, so eine Zahlungsmoral zu haben, aber so richtig weiter bringt sie sie natürlich nicht.

Im weiteren Verlauf kommt tatsächlich mal der Teufel aus dem Badezimmer, aber eigentlich nur weil sie mit ihren eigenen Dämonen kämpft. Nicht nur bei dieser Gelegenheit gerät die Typographie des Buches völlig außer Kontrolle - es wird vertikal, schief, groß, fettgedruckt und gebogen geschrieben oder mit Dingbats verziert, was das Zeug hält und ich mochte diese "Unterbrechungen" sehr, denn sie lockern das Buch zum Einen auf und zum Anderen bringt die Autorin so auch noch mehr zum Ausdruck, was sie eigentlich sagen will. An dieser Stelle muss ich auch unbedingt die deutsche Übersetzung loben, die wirklich großartiges dabei geleistet hat!

Ich mag den schnoddrigen Schreibstil und die Art von Sophie sehr gerne. Das Cover ist einfach gehalten, aber dennoch sehr passend zum Titel. Es ist ein Buch, das zwar über Armut schreibt, aber dabei nicht allzu negativ wird. Es ist auch nicht wirklich lustig, weil Armut per se nicht lustig ist, aber man begleitet Sophie bei ihren Kämpfen "gerne", fühlt mit und hofft, dass es ihr bald besser geht. Sie will weiter kommen, verdingt sich schließlich als Kellnerin und erlebt dabei so einiges, was sie bei allem schwarzen Humor auch an ihre Grenzen bringt...