Beklemmend

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ninicelli Avatar

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John Boynes Buch ist beklemmend. Es beginnt harmlos mit dem Leben von Gretel, nun 90 Jahre alt im heutigen London. Ihre Kindheit und Jugend wird in der zweiten Zeit erzählt, so dass wir sie heute und in ihren Erinnerungen bis in die 70 er Jahre begleiten. Gretel ist die nette alte Dame, in deren Leben neue Nachbarn eintreten. Mit deren Einzug allerdings muss sie sich ihrer Vergangenheit und ihrer Schuld stellen, die sie seit dem 2. Weltkrieg begleitet.
Gretel als Charakter fasziniert sowohl durch ihre Kühle und Distanziertheit. Eine Fassade, welche im Laufe der Geschichte immer mehr anfängt zu bröckeln. Man fragt sich, wie ein Mensch, beladen mit einer Schuld wie ihrer ein solch normales Leben führen kann und erst im hohen Alter, durch die Konfrontation mit ihrer Vergangenheit bereit ist, sich dieser zu stellen. Die Frage nach Schuld, der Bereitschaft sich für andere einzusetzen und Partei zu ergreifen sind allgegenwärtig.
Kein Buch, das man einfach so nebenbei lesen kann, da es den Leser bewegt, im Inneren rüttelt und zum Nachdenken anregt. Der Erzählstil ist aber trotzdem so, dass man es nicht aus der Hand legen möchte. Boyne spielt mit vielen Andeutungen. Gerade durch das nicht Aussprechen vieler Namen und Orte werden sie bedrohlicher, bekommen Bedeutung.
Eine gelungene Fortsetzung des ersten Buchs.