Berührend, aber kommt nicht an den ersten Teil heran

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leonie2106 Avatar

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"Als die Welt zerbrach" behandelt die Geschichte der mittlerweile über 90jährigen Gretal, die im London 2022 lebt und durch neue Ereignisse in ihrem sonst so regulären Leben emotional zurück in ihre Kindheit und die schrecklichen Geschehnisse der Nazi-Zeit, aber vor allem dem Verlust ihres kleinen Bruders Bruno, versetzt wird. Abwechselnd erzählen die Kapitel die Geschichte der jungen Gretel, die mit ihrer Mutter nach Paris floh und die Geschichte der alten Gretel, die ein Kind großgezogen, ein Leben gelebt und ihre Vergangenheit fest unter Verschluss gehalten hat.

Der Schreibstil von Boyne ist wie erwartet großartig und reißt einen wie schon bei seinen anderen Werken direkt in seinen Bann, ich spreche aus Erfahrung, denn ich habe den Roman mit seinen 400 Seiten in nur einer Nacht gelesen. Auch die Ereignisse sind berührend und ergreifend. Es geht vor allem um die große Schuldfrage, aber auch darum, ob Vergangenheit auch ruhen darf und ob Geheimnisse nicht besser Geheimnisse bleiben sollten. Es gibt hier kein "nur gut" oder "nur böse" auf Seiten der Protagonistin, allerdings bei ihren Gegenspielern. Der Prototyp mittelalter weißer Mann kommt in diesem Buch nicht gut weg und teilweise hatten die männlichen Charaktere außer ihrer Bosheit kaum einen anderen Charakterzug. Das jedoch hat dem Buch an sich nicht sehr geschadet, denn wir lesen aus einer Perspektive einer sehr traumatisierten Frau und sollen es vermutlich genauso wahrnehmen, wie sie.

Das Ende wurde mir letztlich zu schnell und nach allem Vorangegangenen zu schnell abgehandelt. Ansonsten ist "Als die Welt zerbrach" ein Roman, den man gut lesen kann, der fesselt, der berührt und der vor allem nicht die Augen vor der dunklen Vergangenheit verschließt und weiter dabei hilft ein Thema aufzuarbeiten, das nicht vergessen werden darf.