Tief beeindruckend

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Der Roman ist die Fortsetzung des Bestsellers "Der Junge im gestreiften Pyjama" und spielt hauptsächlich ungefähr achtzig Jahre nach dem ersten Band.
Gretel, die große Schwester von Bruno, Protagonist des ersten Buches, ist inzwischen über neunzig Jahre alt und führt ein ruhiges, gut situiertes Leben in London. Über ihre Vergangenheit in Deutschland während des 2. Weltkriegs und ihre Flucht spricht sie nicht. Auch von Brunos Namen hat sie nie wieder ausgesprochen.
Doch ihre scheinbar intakte Welt gerät ins Wanken als in die Wohnung unter ihr eine junge Familie zieht. Der 9jährige Henry weckt längst verdrängte Erinnerungen. Und als sie eines nachts einen Streit der Eltern mitbekommt und dies in Verbindung zu einigen Beobachtungen setzt, die sie in den vergangenen Wochen an Henry gemacht hat, gerät sie in eine Zwickmühle: übernimmt sie Verantwortung oder nimmt sie wieder eine große Schuld auf sich?

Schon das Cover ist sehr gelungen. Schon beim Betrachten stellt man einen direkten Bezug zum Vorgängerband her. Es wird genau dasselbe Streifenmuster verwendet; eben das von der Kleidung der Gefangenen in den Konzentrationslagern.

Das Buch hat mich tief beeindruckt. Die psychologischen Eindrücke, die Boyne gibt, über ein lebenslanges Schuldgefühl, lassen mich als Leserin nicht kalt, sondern wühlen mich tief auf. Das Dilemma, in dem sich Gretel befindet, hervorgerufen durch ein jahrzehntelanges Verdrängen, das in gewissen Situationen wohl auch ihr Weiterleben gesichert hatte, wird sehr nachvollziehbar dargestellt.
Die unterschiedlichen Zeitebenen, die der Autor verwendet, lässt den Leser nachvollziehen, wie und warum diese Verdrängung so stattgefunden hat, und was sie auch mit Gretel gemacht hat, wie sie ihr ganzes Leben beeinflusst hat.

Das Buch bekommt von mir eine uneingeschränkte Leseempfehlung. Zeigt es doch, was verdrängte Schuldgefühle für einen Einfluss auf ein ganzes Leben haben.