Auszeit vom Alltag

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Maria Henk, Mitte 30, ist Pressereferentin bei Bündnis90/Die Grünen in Berlin. Ihre Arbeit ist stressig, sie muss immer erreichbar sein, immer auf Abruf. Geregelte Arbeitszeiten gibt es nicht, kaum je ist sie privat. Sie erkennt, dass sie dringend eine Auszeit benötigt, um etwas Abstand zu gewinnen und entschließt sich, für einige Wochen nach Afrika zu gehen, um dort eine Rangerausbildung zu machen. Sie entscheidet sich für Botswana, ein Land im Süden Afrikas. Mit 582.000 Quadratkilometern ist es etwa eineinhalb mal so groß wie Deutschland, gehört aber mit nur ca 2,3 Mio Einwohnern zu den am dünnsten besiedelten Ländern der Erde. Geprägt ist es zum einen von der Kalahari-Wüste, zum anderen vom Okawango-Delta, eines der größten Binnendeltas des Planeten.

Die Autorin hat die Vorstellung, das absolute Kontrastprogramm zu ihrem beruflichen Alltag zu erleben, ohne Stress, ohne Regeln, ohne das Erfordernis permanenter Konzentraion, ohne zeitliche Taktung – um sehr schnell festzustellen, wie naiv diese Vorstellung ist, denn Vieles ist gar nicht so anders wie in ihrem politischen Alltag – nur die Konsequenzen bei Nichtbeachtung bestimmter Regeln sind ungleich schlimmer, weil sie den Tod bedeuten können. Zeit spielt eine andere Rolle als in Berlin, Geduld ist gefragt, etwas ihr völlig Fremdes. Aber permanente Aufmerksamkeit und Disziplin sind unabdingbar, wie bei ihrer und fast jeder Arbeit. Und so zieht sie immer wieder Parallelen zwischen einem Leben als Rangerin und dem politischen Berlin.

Ihre Ausbildung gestaltet sich so, dass sie mit ihrer Gruppe jeden Tag zu Fuß oder mit dem Rangerover auf Pirsch geht, immer in der Hoffnung, Tiere zu entdecken und beobachten zu können. Im theoretischen Teil lernt sie viel über Verhalten und Biologie der Tiere, Spuren lesen, Tierlaute unterscheiden und wie man sich bei Begegnungen verhalten muss. Ziel der Ausbildung, die mit einer theoretischen Prüfung abschließt, soll es sein, Touristen durch die Wildnis geleiten zu können. Aber das ist nicht der Plan der Autorin, sie kehrt nach Berlin zurück.

Das mit 180 Seiten recht kurze Buch ist unterhaltsam zu lesen. Allerdings hätte ich mir etwas mehr Tiefgang gewünscht und auch erwartet. Die Autorin zieht wiederkehrende kurze Vergleiche zwischen einem Akt in der Wildnis und dem entsprechenden Pendant in der Politik, doch nichts davon ist tiefgründig oder analytisch oder überraschend. Ein wirkliches Aha-Erlebnis konnte sie bei mir nicht erzeugen. Das Buch bietet gute Unterhaltung, aber ein Eyeopener ist es nicht.