Hexen in der Nachkriegszeit

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Helga Bürster erzählt von Aberglauben, Wunderglauben und Hexenglauben in einem norddeutschen Dorf, Ende der 1940er Jahre, zu einer Zeit, in der viele nicht wissen, woran sie noch - oder wieder - glauben können.
Die Dorfgemeinschaft, die sich, wie die gesamte Gesellschaft auch, kurz nach dem Trauma des zweiten Weltkrieges erst wieder in dieser neuen Welt zurechtfinden muss, ist großartig charakterisiert. In einer Zeit des Friedens, wo die äußerlichen Spuren des Krieges noch überall sichtbar sind, die inneren Spuren aber bei den meisten im Verborgenen bleiben. "Heute Weltuntergang, morgen Tanztee" beschreibt (mit wunderbarem Humor) die emotionale Verfassung der Menschen, zwischen Vergnügungen und dem hoffnungsvollen Blick in die Zukunft auf der einen Seite, und der Verführbarkeit von Menschen, die nach Jahren der Diktatur und den Schrecken des Krieges die Orientierung verloren haben, auf der anderen Seite.

Die norddeutsche Mentalität und die zum Teil plattdeutschen Dialoge, zusammen mit der einsamen, mystischen Stimmung des Moors haben eine tolle Atmosphäre geschaffen, vor der die verschiedenen Charaktere, ganz besonders die starken Frauen, sehr gut zur Geltung kommen.
Dass in dieser Zeit dann Hexenglauben und Hexenverfolgung aufflammen, war mir wirklich noch nicht bewusst, obwohl es in Angesicht der gesellschaftlichen Situation sehr folgerichtig und wenig überraschend ist - für mich ein sehr spannender Ausgangspunkt für weitere Beschäftigung mit diesem Thema!