Nachkriegsjahre

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Helga Bürsters Roman „Als wir an Wunder glaubten“ ist keine leichte, aber doch eine lohnende Lektüre. Im Mittelpunkt des Romans stehen die beiden Frauen Edith und Annie, deren Schicksale im Deutschland der Nachkriegsjahre von der Autorin bewegend geschildert werden. Beide Frauen leben in einem kleinen Dorf im Moorland, wo die Aufbruchstimmung nach dem verlorenen Krieg noch in keinster Weise angekommen ist. Eher herrschen hier weiterhin Aberglaube, Misstrauen und Elend. Als nur Annies Mann aus dem Krieg zurückkehrt, ist bei ihr die Erleichterung darüber zunächst groß. Allerdings erkennt sie schnell, dass die Kriegstraumata ihres Mannes einen Neubeginn und ein normales Leben verhindern. Doch sie gibt Edith die Schuld dafür, dass ihre Welt in Trümmern liegt und bezichtigt sie der Hexerei. Dadurch setzt sie Ereignisse in Gang, die nur in die Katastrophe führen können.
Helga Bürster ist es wirklich sehr gut gelungen, den ganz eigenen Mikrokosmos des Moordorfes zu beschreiben. Das karge Leben, der auch in den neuen Zeiten noch herrschende Aberglaube, die Düsternis des täglichen Lebens, all das sieht man beim Lesen bildhaft vor sich. Besonders gut hat mir die Figur der Edith gefallen, die obwohl selbst noch mit den alten Traditionen verbunden, versucht sich ein neues Leben aufzubauen, das sie selbstständiger gestalten kann und das ihrer Tochter ermöglichen wird, den Beruf zu ergreifen, von dem sie träumt. Viele Familien mussten sicherlich nach dem Kriegsende die Erfahrung machen, dass heimkehrende Familienangehörige sich nicht mehr in ihr altes Leben zurückkämpfen konnten, weil sie zu stark traumatisiert waren.
Die Autorin geht mit diesem Thema empathisch aber auch schonungslos um, das fand ich sehr überzeugend.
Wer einmal ein etwas ernsthafteres Buch über die Deutsche Nachkriegszeit lesen möchte, dem kann ich diesen Roman wirklich empfehlen.