Zwischen gestern und morgen

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pawlodar Avatar

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Helga Bürster wendet sich in ihrem jüngsten Roman der Zeit nach dem Ende des 2. Weltkriegs zu, und es muss festgehalten werden, dass sie einerseits die Atmosphäre ihrer norddeutschen Heimat sehr authentisch einfängt, der Leser aber allzu deutlich registriert, dass die Schilderung der soziologischen Verhältnisse nicht auf eigener Anschauung beruht, sondern Kenntnisse aus zweiter Hand, vermutlich mündlich Überliefertes oder Ergebnisse historischer Recherche verarbeiten.

Trotzdem wird ein sehr dichtes Bild dieser Dorfgemeinschaft gezeichnet. Da sind die Außenseiter, der Arzt als Akademiker, der Journalist, der die Interna des Dorflebens in der Presse breittritt, die seltsamen Alten, die mit den modernen Entwicklung nicht Schritt halten wollen und können. Und da sind die Alteingesessenen, die sich zwischen Vergangenheit und Zukunft arrangieren.

Die Erinnerungen an düstere Ereignisse währen der Nazizeit werden verdrängt und totgeschwiegen. Die Hoffnung auf ein leichteres Leben gestattet es dem technischen Fortschritt, die Jahrtausende alten Lebensgrundlagen dieser Landschaft zu vernichten. Doch was gleichzeitig erhalten bleibt, ist der tief verwurzelte Aberglaube, der etliche Dorfbewohner ins Unglück stürzt.

Allzu plakativ fällt die Konzeption der jungen Betty aus, die als Repräsentantin der jungen Generation zur Chronistin dieser widerstreitenden Tendenzen wird. Der Handlungssprung, der aus der zukünftigen Handelsschülerin von 14 Jahren die achtzigjährige Archäologin macht, in deren Leben das Rad der Geschichte eine vollständige Drehung vollzogen hat, ist allzu unvermittelt, um erzählerisch überzeugend zu sein.

Unterhaltsam ist dieser Roman aber allemal, der einen Winkel Deutschlands mit seinen geographisch und historisch bedingten Lebensbedingungen darstellt.