Aufarbeitung der schweren Vergangenheit

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leseratte61 Avatar

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Klappentext:
Das Buch, das Hoffnung schenkt: Zwei Kinder, tausend Schicksale und eine inspirierende Reise über die Alpen zwischen Italien und Deutschland.
Als die Südtirolerin Edna in einer deutschen Zeitschrift ein Bild ihres Kinderfreundes Jacob sieht, macht sie sich auf den Weg über die Alpen, um eine alte Schuld zu begleichen. Vor einem ganzen Leben mussten Edna und Jacob unter härtesten Bedingungen bei schwäbischen Landbesitzern schuften, wie Tausende arme Bergbauernkinder vor ihnen. Der Zweite Weltkrieg riss sie auseinander. Zu Fuß, mit Bus und Zug und ihrem Papagei Emil im Gepäck, beginnt Edna unbeirrt eine Reise voller berührender und überraschender Begegnungen.
Dieser Roman nimmt uns mit auf einen inspirierenden Weg zu Freundschaft und Freiheit – wenn wir uns gegenseitig helfen, können wir alles schaffen.

Fazit:
Schon der Klappentext verspricht eine Geschichte zwischen Drama und berührenden Momenten. Als ich das Buch in den Händen hatte, begann ich relativ schnell es zu lesen, da mich gerade die Vergangenheit interessierte. Ich wollte unbedingt wissen, was Edna als verkauftes Kind erleiden musste.

Ich lernte Edna als etwas schrullige alte Dame kennen, die mit ihrem Leben im reinen scheint. Doch dann sieht sie das Bild ihres Jugendfreundes und beginnt zu grübeln. Schnell wird klar, dass es da eine alte Schuld gibt, die Edna lebenslang verfolgt hat. Um diese Schuld zu sühnen, macht sich Edna auf den beschwerlichen Weg, um Jacob wiederzufinden und diese Schuld zu begleichen. Für Edna ist klar, dass sie diesen Weg genauso zurücklegen muss, wie damals. Was wohl auf sie zukommt und ob sie es schaffen kann?

Der Roman erzählt in verschiedenen Strängen und so konnte ich nach und nach von dem schwierigen Los der Schwabenkinder erfahren. Diese Kinder wurden von ihren Eltern verkauft, die bitterarm waren und ihre Kinder nicht versorgen konnten. Auf die Kinder wartete ein Leben als Sklaven unter härtesten Bedingungen. Was sie alles erleiden mussten, das erschließt sich nach und nach. Mir lief oft Gänsehaut über den Rücken und teilweise musste ich Tränen unterdrücken. Ob die Eltern das wirklich gewollt haben, was ihre Kinder erleben mussten? Für die Kinder war es besonders schlimm, dass es scheinbar keine Möglichkeit gab, dem zu entfliehen. Das Schicksal der Kinder interessierte nicht mehr. So wundert es kaum, dass Edna und Jacob ihre Flucht planten.

Ein weiterer Erzählstrang handelt von dem schweren Weg Ednas, die die Alpen überqueren muss, um zu Jacob zu kommen. Hier gab es häufiger Momente, die mich zum Schmunzeln brachten. Dieser Teil sollte mit einem Augenzwinkern gelesen werden, da nicht immer alles realistisch erscheint. Dies werte ich als dichterische Freiheit der Autorin. Besonders beeindruckend war für mich, wie Edna immer wieder mit ihren Vorurteilen konfrontiert wurde und über sie hinauswächst. Sie erhält oft Hilfe von Menschen, denen sie in ihrem normalen Alltag nicht mal einen Blick gewährt hätte. Schön mitzuerleben, wie sich Ednas Blickwinkel und Weltbild verändern.

Auch wenn nicht immer alles glaubwürdig erscheint, hat mir Ednas Mut und ihre Willensstärke sehr gut gefallen. Als sie ihren Plan ins Auge fasst, gibt sie alles was möglich ist, um ihr Ziel zu erreichen und Papagei Emil zu seinem Retter zu bringen. Ich habe mitgebangt und mitgefiebert und mir gewünscht, dass sie ihren Jugendfreund wiederfindet. Manchmal hätte ich gerne ihre Transportkarre mit Emil selbst gezogen, um ihren Weg zu erleichtern. Gleichzeitig tauchte ich tief in ihre Gedanken und Erinnerungen ein und ich hätte das kleine 10-jährige Mädchen gerne in die Arme genommen und getröstet. Der schwere Weg zu Jacob dient Edna auch dazu, mit ihrer Vergangenheit abzuschließen und mutig nach vorne zu schauen, um die verbleibenden Jahre so zu gestalten, wie sie ihr gut tun.

Ich konnte durch diese Geschichte in ein recht unbekanntes Kapitel der Geschichte eintauchen und trotz der Härte des Themas einige positive Botschaften für das Leben entdecken. Diese Mischung hat mir gut gefallen.

Mir hat dieser warmherzige Roman schöne Lesestunden geschenkt und ich vergebe voller Überzeugung eine Leseempfehlung.