Eine Hymne auf das Leben

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marinheira Avatar

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Herzlichen Dank an Vorablesen und an den S. Fischer Verlag für das Rezensionsexemplar.

Darum geht’s

Die rüstige, ältere Dame Edna und ihr gefiederter Freund Emil treten eine weite Reise an. Von Südtirol soll es durch die Berge nach Österreich und weiter zum Bodensee bis Ravensburg gehen. Dort möchte Edna jemanden treffen, den sie aus ihrer Kindheit kennt und ihr das ganze Leben nicht aus dem Kopf ging. Der Weg hält für Edna viele Herausforderungen, ungewöhnliche Begegnungen, Chancen und vor allem Erinnerungen bereit.

Mein Leseerlebnis

Während der Leseprobe musste ich immer wieder lächeln: Eine sympathische aber etwas schrullige alte Frau mit einem Papagei, ein prägendes und trauriges Erlebnis der Vergangenheit, eine alte Freundschaft und eine Reise durch die Berge. Was braucht man mehr? Ich habe mir lustige Szenen und schöne Landschaftsbeschreibungen erhofft.

In dieser Hinsicht bin ich nicht enttäuscht worden. Immer wieder schildert die Autorin verrückte und komische Begegnungen, bei denen man sich das Lachen nicht verkneifen kann. Die Protagonistin habe ich sofort in mein Herz geschlossen und auch so manchen Nebencharakter. In Hinblick auf die Beschreibung der Landschaft, vor allem der Berge, bin ich ebenfalls nicht zu kurz gekommen. Imaginär habe ich mir meine Wanderschuhe geschnürt und gemeinsam mit Edna den Gipfel erklommen.

Aber: Dieser Roman ist so viel mehr als eine amüsante Reisebeschreibung. Schon lange bin ich nicht mehr so emotional von einem Buch berührt worden, wie diesem. Wunderbar tiefgründige Dialoge über menschliche Fragen, die ernst sind, aber denen die Schwere genommen wird, wechseln mit heftigen Beschreibungen von Ednas Kindheit, die historische Fakten enthalten und an der lediglich tröstet, dass Edna augenscheinlich überlebt hat. Dazwischen gibt es immer wieder viel zum Schmunzeln und ein Ende bei dem ich mehrfach Tränen in den Augen hatte.

Sprachlich ist der Roman phantastisch umgesetzt und ich verneige mich vor den Übersetzerinnen für diese großartige Leistung. Trotz der Rückblenden zu Ednas Kindheit wirkt der Text wie aus einem Guss, ohne, dass es „Zeitbrüche“ gibt. Diese sprachliche Darstellung drückt wunderbar aus, dass es nicht einerseits Ednas Kindheit gibt und andererseits ihre aktuelle Situation, sondern, dass beides zusammengehört und Teil dieser einen Person ist. Der Blick durch die Augen einer älteren Protagonistin, die in einigen Bezügen etwas naiv und gutgläubig ist, war erfrischend anders und hat mir sehr gut gefallen. Wer Edna einmal kennengelernt hat, muss ihr einfach zu bis zum Ziel folgen.

Fazit

ALS WIR UNS DIE WELT VERSPRACHEN ist eine Hymne auf das Leben, das trotz aller dunklen Seiten und Widrigkeiten in jedem Abschnitt lebenswert ist. Es ist eine Geschichte von menschlichen Begegnungen und Etappen, die letztlich nie geplant werden können, aber den Weg am Ende prägen. Und es ist eine Geschichte von tausenden Kindern, die ähnliche Schicksale durchlitten haben und deren Leid erzählt werden muss. Es ist das beste Buch, das ich seit langer Zeit gelesen habe und ich empfehle es allen, die auf dem Weg sind und Fans von „Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry“.