Weg zurück in die verlorene Kindheit

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kainundabel Avatar

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Weg zurück in die verlorene Kindheit
Ihre Kindheit war bitter, ihr Schicksal oft grausam. Über drei Jahrhunderte zogen sie aus elender Not gegen Norden über die Alpen, um sich als billige und oftmals misshandelte Arbeitskräfte auf Bauernhöfen in Süddeutschland zu verdingen. Und so kamen sie zu trauriger Berühmtheit und füllten ein Kapitel dunkler historischer Zeit: die Schwabenkinder. Unter ihnen Edna und Jacob, denen Romina Casagrande in ihrem Roman „Als wir uns die Welt versprachen“ Gesicht und Stimme gibt. Beide sind sich sehr zugetan, auf dem großen Hof in Ravensburg in den 1930er-Jahren. Beide versprechen einander, gemeinsam zu fliehen, doch Edna hält dieses Versprechen nicht und wird darunter ihr ganzes langes Leben lang leiden. Als sie zufällig erfährt, wo Jacob lebt, bricht sie im hohen Alter zu ihm auf, auf dem Weg, den sie als Schwabenkinder vormals gegangen sind.
Der Leser begleitet Edna und ihren Papagei Emil auf den Spuren zurück. Emil ist ihr all die Jahre immer Verbindung zu Jacob gewesen, haben sie den Vogel doch während ihrer gemeinsamen Zeit erstanden. Auf diesem Weg durch zum Teil unwegsames Gelände begegnet Edna zahlreichen Menschen, macht neue Erfahrungen, gewinnt Erkenntnisse und verliert nie ihre Verantwortung für das Geschehene aus dem Blick. Sporadisch unterbrechen Kapitel die gegenwärtigen Ereignisse und lenken den Blick zurück auf Ednas und Jacobs Schicksal viele Jahrzehnte zuvor. Das weckt ein hohes Maß an Empathie für die beiden und ihre Leidensgenossen. Warum überzeugen mich Handlung und Konstrukt dieses Romans dennoch nicht? Ednas Begegnungen erscheinen mir allzu zufällig, um nicht zu sagen konstruiert. Ich wurde beim Lesen den Verdacht nicht los, dass die Autorin eigene Begegnungen ihrer persönlichen Biografie auf Edna überträgt. Mir erschließt sich dabei nicht die Sinnhaftigkeit dessen, was die Autorin im angehängten Interview als Beweggründe anführt. Oft ging mir einfach der Bezug zum Plan und zum Handeln der Protagonistin verloren und ich entfernte mich Seite um Seite mehr von den Personen. Nicht unerhebliche Längen des Buches und der Hang der Autorin zu permanenten Vergleichen taten ein Übriges. Schade, ich hatte so motiviert mit dem Lesen begonnen …