Tauche ein in eine fremde Kultur

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mrsamy Avatar

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Emmanuel, den alle nur Darwin nennen, ist ein junger Rastafari, der ein Leben lang auf dem Land bei seiner Mutter gewohnt hat. Doch seine Mutter wird immer älter und Darwin will nicht nur das Leben für seine Mutter finanziell absichern, sondern auch endlich auf eigenen Beinen stehen. Doch Arbeitsplätze in Trinidad sind rar und als ihm die Arbeitsvermittlung einen Job als Totengräber gibt, widerstrebt Darwin zwar alles daran, doch er hat keine Wahl. Er lässt seine Überzeugungen und auch seine Rastas hinter sich und beginnt ein neues Leben in Port Angeles, der großen Stadt. Dort arbeitet er nun täglich als Totengräber auf dem größten Friedhof der Stadt. Dort ist es auch, wo er eines Tages Yejide trifft, eine Frau, die ihre unnahbare Mutter erst kürzlich verlor und die nun das Erbe ihrer Familie antreten muss. Denn die Frauen in Yejides Ahnenreihe sind mächtig, ein altes Geschlecht, dass die Toten spürt und den Tod an einem jeden Menschen wahrnimmt. Yejide und Darwin ziehen sich scheinbar magisch an, ihre Schicksale sind unleugbar miteinander verbunden.

„Als wir Vögel waren“ ist aus meiner Sicht ein besonderer Roman. Zum einen ist die Handlung in Trinidad angesiedelt, zum anderen wurde das Buch aus dem trinidad-kreolischen Englisch übersetzt. Schon von dieser Seite her also ein Roman, wie man ihn nicht täglich zwischen die Finger bekommt. Die Handlung ist in zwei Stränge geteilt, zum einen erleben wir den Alltag von Darwin. Sein Gemüt ist rein und gut, seine Sprache einfacher gestrickt. Darwin blickt genau hin, er schaut hinter die Fassaden, er möchte das Leben in seiner ganzen Fülle begreifen und wird doch auch in Machenschaften hineingezogen, die seine ganze bisherige Überzeugungen in Frage stellen. Yejide dagegen ist eine junge Frau, die unter der Kaltherzigkeit ihrer Mutter ein Leben lang gelitten hat. Sie weiß von ihrem Erbe, wurde von ihrer Mutter nie darauf vorbereitet, weiß nicht wirklich, was zu tun. Und doch fügt sich am Ende alles zusammen.

„Als wir Vögel waren“ ist ein wunderschöner, lesenswerter Roman, denn ich am Ende kaum noch aus der Hand legen konnte. Die Sprache beider Hauptcharaktere ist differenziert und weisen ihre speziellen Eigenheiten auf. Auch der Einblick in die – für mich – fremde Kultur der Rastafari und von Trinidad empfand ich als klare Bereicherung. Auch das Ende ist eine runde Sache, sie söhnt mich als Leser vollständig mit dem Roman aus. Zurück bleibt das Gefühl, wirklich guter Literatur gelesen und eine einzigartige Geschichte erfahren zu haben.