Barbarotti muss nach Burma

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tochteralice Avatar

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Nicht in Südostasien, sondern im ländlichen Schweden, in Kymlinge, liegt der Hof Klein-Burma, in dem vor vielen Jahren - 1989 - ein brutales Gemetzel stattfand, für das die Ehefrau des Opfers, Ellen Bjarnebo, zur Verantwortung gezogen wurde. Nun hat man sie im Verdacht, mit dem Verschwinden ihres aktuellen Lebensgefährten Arnold Morinder, den sie nach ihrer Freilassung kennengelernt hatte und der im August 2007 auf seinem Moped fortgefahren war und nicht mehr zurückkehrte, zu tun zu haben.

Auf diesen nicht gerade als prioritär eingestuften Fall wird Gunnar Barbarotti angesetzt, der nach dem Tode seiner Frau - nun als Witwer mit fünf Kindern - als nicht mehr so recht arbeitsfähig gilt. Man will ihm aber das Gefühl geben, etwas zu tun zu haben, während alle seine voll einsatzfähigen Kollegen sich dem Todesfall Raymond Fängström, einem schwedischen Rechtsradikalen, der unter ungeklärten Umständen zu Tode kam, widmen. Wie immer bei Nesser kann der Leser sich auf viele unerwartete Wendungen und auf einige interessante und schräge Charaktere freuen, wobei zu ersteren die Hauptverdächtige in Barbarottis Fall, Ellen Bjarnebo, zu letzteren ganz klar die Mutter des toten "Nazis", Lill-Marlene Fängström zählt.

Im Vordergrund aber steht wie immer Gunnar Barbarotti mit seiner Trauer um Marianne, der Sorge um alle fünf Kinder, sowohl die eigenen, als auch die angenommenen und natürlich mit seinem Fall, dem er sich trotz immer wieder aufkommenden Schwächegefühls mit (fast) gewohnter Akribie widmet. Das übliche Personal in Form von Barbarottis Kollegen und dem Chef ergänzen das Setting auf Trefflichste. Dazu kommen diesmal jedoch gewisse esoterische bzw. religiöse Elemente - so spricht Barbarotti mit Gott und erhält von diesem gar eine Botschaft, die dann auch eintrifft - ein Aspekt, der meine anfängliche Begeisterung durchaus etwas geschmälert hat.

Insgesamt also die gewohnte düstere skandinavische Krimiliteratur, jedoch mit einigen humoristischen Einsprengseln, die sich vor allem durch die Einführung gewisser Episoden wie der zufälligen Begegnung Barbarottis mit einem Studienfreund, der gerade die Geschichte Hitlers neu schreibt, bemerkbar machen. Leider sind auch einige Längen zu verzeichnen, vor allem, wenn Barbarotti oder auch seine - dem Leser dieser Serie bereits bekannte - Kollegin Eva Backmann mit ihrem jeweiligen Schicksal hadern. Ich bin eigentlich ein Fan von Kommissar Barbarotti und war diesmal ein kleines bisschen enttäuscht: sowohl die Längen als auch die übersinnlichen Episoden ließen mich diesem typisch schwermütigen Beitrag zur schwedischen Kriminalliteratur ein wenig hadern. Trotzdem ein spannender Krimi, den zu lesen sich lohnt und den vor allem Nesser-Fans auf keinen Fall auslassen sollten!