Eine ergreifende und gleichzeitig tragische Geschichte

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madamebiscuit Avatar

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Der neue Roman von Elif Shafak ist eine wundervolle und gleichzeitig tragische Geschichte von liebenswerten Figuren, deren Schicksale mir zu Herzen gingen.

Es geht um Narin, ein neunjähriges Mädchen, das 2014 mit ihrer Großmutter und ihrem Vater in den Irak reist, um dort getauft zu werden. Die Familie gehört der Gruppe der Eziden (Jesiden) an. Ihre Großmutter erzählt ihr dabei immer wieder Geschichte, nur die von Narins Ururgroßmutter Leila und Arthur, dem „König der Abwasserkanäle und Elendsquartiere“ nicht.
Dafür erfahren wir sie im Handlungsstrang von eben diesem Arthur, geboren 1840 in London. Sein fiktiver Lebensweg ließ mich dabei immer wieder an Figuren aus Charles Dickens Romanen denken. Er ist ein wissbegieriger Junge, der eine Leidenschaft für Keilschrift und das Gilgamesch-Epos entwickelt.
Die dritte Protagonistin dieses Romans ist Zaleekhah, in ihren Dreißigern, hat sich eben von ihrem Mann getrennt und ist auf ein Hausboot auf der Themse gezogen. Dieser Handlungsstrang spielt 2018.

Der Autorin gelingt es einen Handlungsbogen von mehreren tausend Jahren Geschichte zu schlagen und gleichzeitig so spannend von diesen Ereignissen zu erzählen, dass es eine wahre Lesefreude ist, in diesen Roman abzutauchen. Für mich ist Elif Shafak weit mehr als eine Schriftstellerin. Sie ist eine Geschichtenerzählerin, wie aus Tausend und einer Nacht. Es gelingt ihr mühelos Szenerien, Landschaften, Welten durch ihre Sprache zu erschaffen. Sie schreibt ausschweifend, ohne abzuschweifen und lässt mich ihren Figuren ganz nahekommen.
Gleichzeitig verwebt sie in diesem Roman geschickt Fiktion und Realität und somit habe ich mich das erste Mal näher mit dem Jesidentum und dem stattfindenden Genozid dieser Gruppe auseinandergesetzt. Was mich sehr betroffen gemacht hat.

Wie genau am Ende alle drei Handlungsstränge zusammenlaufen, wird an dieser Stelle nicht verraten. Ich möchte nur erwähnen, dass auch dies ein Fakt ist, der mir bis dato unbekannt war.

Von mir gibt es eine klare Empfehlung für alle Fans literarischer Werke, die Lust haben sich einen Teil unserer Weltgeschichte zu erlesen.
Wer von ihr „Der Architekt des Sultans“ kennt und mochte, wird mit diesem Roman definitiv gelungene Lesestunden haben.