Verletzter Stolz?

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chrischid Avatar

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Carlina weiß natürlich, dass besonders die Vorweihnachtszeit stressig werden wird, doch den nahenden Alptraum konnte sie nicht vorherahnen. Nicht nur, dass einer ihrer Stammkunden, ein regelrechter Casanova, ermordet aufgefunden wird, die Tatwaffe stammt auch noch aus Carlinas Lingeriegeschäft. Somit gerät sie natürlich sofort ins Visier des Commissario, der sie seinerseits am liebsten schnellstmöglich von der Liste streichen würde. Doch als er auch noch erfährt, dass ausgerechnet Carlinas Cousine die aktuelle Geliebte des Ermordeten ist, befindet Garini sich in einem Zwiespalt.

Man kann von dem späteren Opfer und seinem Charakter halten was man möchte, er hat den Frauen jedoch jeweils im Vorfeld unmissverständlich deutlich gemacht, worauf sie sich einlassen. Natürlich hegt jede einzelne die Hoffnung ihn von seinem ursprünglichen Plan abbringen zu können, allerdings darf keine behaupten sie hätte nichts davon gewusst, dass nach den Weihnachtstagen wieder alles vorbei sein würde. Verletzter Stolz wiederum kann zu Kurzschlusshandlungen führen, derer man sich im Nachhinein nicht mehr so sicher ist, aber würde man tatsächlich morden? Womöglich kann der ein oder andere Leser sich in die Situation der verschmähten Damen hineinversetzen und stellt sich ebenjene Frage.

Auch der Commissario kommt mit seinen Recherchen an einen scheinbar ausweglosen Punkt, der ihn ratlos zurücklässt, wodurch das Gefühl vermittelt wird, die Ermittlungen drehten sich stetig im Kreis. Derweil hat der Leser allerdings schon diverse Gedankengänge weitergeführt, die sich als absolut vielversprechend darstellen, auch wenn noch das ein oder andere Detail fehlt. Die Autorin erschafft zwar eine gewisse Atmosphäre, die Spannung kann jedoch nicht durchgängig auf hohem Niveau gehalten werden. Teilweise scheinen die Charaktere viel zu sehr mit privaten Angelegenheiten beschäftigt, die den Leser zunehmend ausschließen und die Handlung ins Stocken gerät.

Trotz einiger Versuche Hinweise zu streuen, die zu möglichen Tathergängen führen, lässt man sich nicht von der eigenen Theorie abbringen, auch wenn man nicht nachvollziehen kann, wieso kein Beteiligter in diese Richtung gedacht hat. Ob es nun schlussendlich noch zu Überraschungen kommt muss jeder Leser für sich entscheiden, abhängig vor allem davon ab welchem Zeitpunkt das Geschehen vorhersehbar wurde.

Beate Boeker kreiert mit „Amore mortale“ einen soliden Krimi für zwischendurch, der allerdings nicht allzu lange nachwirken wird. Nichtsdestotrotz begleitet man Carlina und Garini gerne, Kenntnisse des ersten Bandes sind glücklicherweise nicht notwendig. Ein wenig mehr Tiefe würde den agierenden Personen, so sie denn in weiterführenden Bänden auftauchen, nicht schaden, es könnten sich durchaus emotionale Bindungen ergeben, die den Leser dazu animieren vollends ins Geschehen einzutauchen, sich quasi als Teil desselben zu sehen.