Achtung, ich bin ein Sachbuch.

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marapaya Avatar

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Sachbücher sind nicht meine große Leidenschaft. Wissenschaftliche Publikationen während des Studiums waren toll – zum Studieren. Privat bin ich der Belletristikanhänger. Ich brauche zusammenhängende Geschichten, um am Ball zu bleiben und in Lesefluss zu kommen. Wenn dann noch für mich neue Infos darin verpackt sind, behalte ich sie nahezu spielend.
Angès Poirier hat sich ein ambitioniertes und spannendes Thema vorgenommen. Paris, die Stadt der Liebe, war auch die Stadt der Intellektuellen. Besonders in dem Jahrzehnt zwischen 1940 bis 1950. Die Stadt überstand die Besetzung der Deutschen im Zweiten Weltkrieg und wurde zum Anziehungspunkt von klugen Köpfen aus der ganzen Welt. Im Mittelpunkt vor allem Simone de Beauvoir, Jean-Paul Sartre, Albert Camus und Pablo Picasso. Dazu noch viele viele andere Namen, die mir nicht immer etwas sagen. Leider fehlt mir eine Handlung, die diese Namen miteinander verbindet und in Beziehung setzt, vor allem weil ich kein Experte für diese Zeit und ihre Intelligenzia bin. Gefühlt tauchen permanent zusammenhangslos Namen auf, die sich irgendwie alle in den gleichen Kreisen bewegen, untereinander flirten, Sex haben, sich die Partner ausspannen, über Literatur, Politik und das Leben streiten. Vielleicht ein Genuss, wenn ich alle Texte, Theaterstücke und Ausstellungen aus dem Effeff kennen würde. Stattdessen sammeln sich eher die Fragezeichen in meinem Kopf. Daran ist natürlich vor allem meine Unkenntnis schuld, nicht die Fähigkeiten der Autorin. Aber Lesespaß fühlt sich anders an.
Wie es sich für ein Sachbuch gehört, gibt es natürlich auch ganz viele Verweise, Fußnoten als Endnoten aufgeführt. Aber wer blättert schon gern ständig hin und her, um vom Kapitel auf Seite 195 zur Fußnote auf Seite 471 zu gelangen.
Mit ist nicht ganz klar, für wen „An den Ufern der Seine“ geschrieben wurde. Man kann den Text als Anregung aufnehmen, sich mit den Autoren und Künstlern dieser Zeit näher auseinander zu setzen. Sich deren Werke vornehmen und sein Wissen so zu mehren. Poirier führt ja alle wichtigen Namen dieser Zeit auf, man kann tiefer gehen und ein Universum darum aufbauen. Dass kann einem die Autorin natürlich nicht abnehmen. Sein Interesse muss man selbst ausbauen. Für mich ist es keine Lektüre, die ich am Stück lesen kann. Es ist eines der Bücher, die man ab und zu zur Hand nimmt. Sich durch ein, zwei Kapitel blättert, mal hierhin und dorthin springt und dann vielleicht sich die „Sonnenfinsternis“ von Arthur Koestler auf die Lektüreliste schreibt oder endlich den Erstling von Simone de Beauvoir aus dem Regal zieht, mit dem festen Vorsatz das Lesen zu starten.