Von einem zu Wahnsinn, Unglück und Tod verdammten Geschlecht von Träumern

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dermüller Avatar

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Das Buchcover ist so faszinierend wie die ersten Seiten des Romans. Denn dessen intensive Farben sind ungewöhnlich kombiniert und verlaufen über dem Gesicht der abgebildeten Frau.
Raimondi hat mich mit dem Beginn dieses Familienromans, der so anders ist, in ihren Bann gezogen. So wie der schwermütige Giacomo, der der Stammvater dieses Geschlechts von Träumern wird. Giacomo grübelt immer und hängt seinen Gedanken nach. Nur wenn er wieder eine Barke baut, die an eine Arche erinnert, lebt er auf. Doch alle Schiffe sinken. Schon die Leseprobe hat mich mit ihren Wendungen überrumpelt. Als Giacomo auf Viollaca vom fahrenden Volk trifft, entscheidet sie ihn zu heiraten, als sie ihm aus der Hand liest. Ihren Sohn will sie dann Dollaro nennen, damit er nie Mangel leidet. Und mit ihren Schicksalssschlägen hat mich Raimondi getroffen, da sie so unerwartet waren.
So unvorhersehbar wie Raimondis Figuren waren sie, deren Sitten und Traditionen mich so wie deren besondere Fähigkeiten überraschten. Giacomos Frau Viollca, die zumindest für kurze Zeit seine schwermütigen Gedanken vertreiben kann, liebt ihre Pluderhosen, erklärt die Vorzüge von Igelfleisch und stellt eine Schale Milch für die gute Schlange bereit. Aus den Tarotkarten liest Viollca die Zukunft und ihr Sohn Dollaro hört die Stimmen der Toten. So verbringt er viel Zeit auf dem Friedhof bei seinen Freunden. Dabei fließt das Übernatürliche (Visionen der Zukunft, Stimmen der Toten, Liebeszauber) so selbstverständlich in Raimondis Roman ein wie Mythen von der guten Schlange in Viollacs Alltag verwoben sind.
Aufwühlend ist das Buch aber auch. Das ist bei Raimondi kein Widerspruch. Giacomo wird Opfer seiner Schwermut und begeht Selbstmord. Viollca ist so traurig und verzweifelt, dass sie die Tarotkarten nach der Zukunft ihres Sohnes fragt. Und sie sieht ein Geschlecht von Träumern. Die geben sich nicht nur Illusionen hin, sondern verfallen auch dem Wahnsinn. Die Zukunft ihres Sohnes und seiner Nachfahren ist düster. Eine unheilvolle Ehe, ein großes Unglück, ein tragischen Tod oder vielleicht auch mehr als nur einer. Was kommt da nur auf Dollaro und seine Kinder wie Kindeskinder zu?