Nachteule und Sternhai

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singstar72 Avatar

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Was für ein liebenswertes Buch! Obwohl als Jugendbuch eingeordnet, finde ich, dass es auch für Erwachsene charmant zu lesen ist. Hier werden schwierige zeitgenössische Themen humorvoll verpackt, und das in einer Darreichungsform, die ausgesprochen kurzweilig ist.

Zwei 12jährige amerikanische Mädchen lernen sich per E-Mail kennen. Die eine schreibt der anderen, weil sie herausgefunden hat, dass ihre beiden Väter sich kennengelernt haben, und ein Paar sind. Beide Mädchen fahren in ihrer Kommunikation sofort „die Schilde hoch“, können aber doch die gegenseitige Neugier nicht verbergen. So entsteht ein etwas stacheliger Austausch, in dem die beiden Mädchen die aktuellen Fragen zu verarbeiten suchen, die ihnen unter den Nägeln brennen. Und das tun sie natürlich stellvertretend für den Leser oder die Leserin.

Ich finde die Themenwahl schon mutig! Beide Mädchen werden als absolute Kontrastfiguren aufgebaut. Die eine ist naturverbunden, tierlieb, sie surft und treibt Sport, und nimmt es mit der Schule wohl nicht ganz so genau. Sie lebt in Kalifornien. Die andere ist waschechte New Yorkerin, eher „etepetete“, streberhaft, hat Macken und Allüren, Phobien, und geht – selbstredend – bereits zum Psychologen. Beide Mädchen werden von alleinerziehenden schwulen Vätern aufgezogen… und der Kalifornier ist auch noch Afro-Amerikaner… und genau das kommt völlig unverkrampft rüber, da es in waschechter Teenager-Manier erzählt wird, gerade so, wie den Mädchen der sprichwörtliche Schnabel gewachsen ist.

Die Sprache möchte ich eigens lobend erwähnen. Sie ist erfreulicherweise nicht zu flapsig geraten; der Übersetzung würde ich spontan ein „sehr gut“ verleihen! Beide Mädchen sind ein wenig altklug, aber eben auch „liebenswert verpeilt“. Ich bin schon gespannt – denn ich denke, selbstverständlich werden sie sich doch in diesem Sommer-Camp begegnen. Und sie werden sich mögen! So intensiv, wie sie sich jetzt schon schreiben. Nur merken sie das selber noch nicht…

Es ist eine ganz eigene Mischung, dieses Buch. Ich fühlte mich spontan an das „Doppelte Lottchen“ von Kästner erinnert – auch dort geht es ja um zwei gleichaltrige Mädchen, die Gemeinsamkeiten entdecken. Andererseits gemahnt das Ganze durchaus an „Gut gegen Nordwind“. Zwei Menschen kommen in Kontakt, und behaupten natürlich steif und fest, das sei reiner Zufall, und absolut ungewollt. Aber es wird eben doch mehr daraus.

Wie wird die Geschichte wohl enden? Ich muss sagen, ob die Väter tatsächlich zusammenbleiben, ist mir fast schon egal. Ich finde die Gespräche der beiden Mädchen einfach herrlich, und würde sie gerne ein Stück des Weges begleiten.