Die Geschichte eines Lebens, einfühlsam erzählt

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
circlestonesbooks.blog Avatar

Von

„Dieses Buch ist ein Versuch, eine Erinnerung zu retten. Einen jener Menschen wieder ins Licht zu ziehen, der in unruhigen Zeiten lebte, die unseren heute nicht ganz unähnlich sind.“ (Zitat Seite 10)

Inhalt
Am 29. April 1866 kommt Anna als viertes Mädchen der Familie Kalthoff zur Welt. Sie ist klug und soll Lehrerin werden. 1887 ist es soweit, die zwanzigjährige Anna kommt als neue Dorfschullehrerin nach Cobbenrode. Damals ist das ein Dorf mit dreiundachtzig Häusern und fünfhundertsieben Einwohnern. Das Dorfzentrum bilden Kirche, Pfarrhaus und Schule, und das große Haus der Familie Vogelheim, zunächst Halt der Postkutsche, Post und Wirtshaus, dann auch Kaufhaus, Baumarkt und Treffpunkt für kulturelle Veranstaltungen. Clemens Vogelheim, der älteste Sohn, und Anna verlieben sich. Die Familie Vogelheim lehnt die junge Lehrerin ab. Anna ist nicht nur vier Jahre älter als Clemens, sondern auch arm, denn Lehrerinnen sind schlecht bezahlt. Außerdem müssen Lehrerinnen ledig bleiben. Um 1900 ist überall Aufbruchsstimmung, nur Annas Leben bleibt im Stillstand, bis 1902 Vater Vogelheim stirbt. Sohn Clemens ist der Haupterbe und verlobt sich mit Anna. Damit endet Annas Tätigkeit als Lehrerin und ein neues Leben mit neuen Herausforderungen beginnt - und es sind große Herausforderungen, die unerwartet rasch auf Anna zukommen.

Thema und Genre
In diesem Buch erzählt Henning Sußebach die Geschichte seiner Urgroßmutter. Es geht um ein Frauenleben zwischen 19. und 20. Jahrhundert. Anna Kalthoff war keine bekannte Persönlichkeit, sondern zählte zu den gewöhnlichen Menschen. Doch sie und ihr Leben waren für die Situation der Frauen in der damaligen Zeit alles andere als gewöhnlich.

Erzählform und Sprache
„In jeder Biografie spiegelt sich Weltgeschehen ...“ (Seite 9) und so ergänzt der Autor die Geschichte seiner Urgroßmutter mit wichtigen geschichtlichen Ereignissen, die in den jeweiligen Jahren stattgefunden haben und prägend und zukunftsweisend waren. Annas Leben schildert er einfühlsam anhand von Dokumenten und Fotografien, die er finden konnte. In seiner Familie lebt inzwischen niemand mehr, der Anna noch persönlich gekannt hatte und ihr Nachlass besteht aus nur wenigen Unterlagen und Gegenständen. Zusätzliche Informationen über das Dorf, sowie Berichte über das soziale und zeitgeschichtliche Lebensumfeld findet er in den zahlreichen Archiven und Museumssammlungen, die er durchstöbert. So entsteht dieses Buch aus vielen kleinen Fragmenten. Das Resultat ist die chronologisch erfasste Lebensgeschichte einer für ihre Zeit sehr eigenwilligen und selbstbewussten, mutigen Frau. Die angenehm fließende Sprache schildert lebhaft und eindringlich, lässt uns sofort in diese Zeit, das Dorfleben und die Ereignisse in diesem Frauenleben eintauchen.

Fazit
Eine biografische Erinnerung an ein wechselvolles, interessantes, selbstbestimmtes Frauenleben in einer ebenso wechselvollen Zeit der Umbrüche, wunderbar erzählt.